IBM im Satelliten-Geschäft

19.05.1978

Es ist immer wieder faszinierend, mitzuverfolgen, wie aus einer Vision ein kühner Plan, dann ein Projekt und letztlich Realität wird. Geradezu Aspekte des Apollo-Projektes haben auch IBMs Satelliten-Pläne, die sich mittels präzisestem Projekt-Management Stück für Stück verwirklichen.

Erst vier Jahre ist es her, daß IBM die DV-Branche mit der Ankündigung überraschte, sich im Geschäft der Domestic Satellite Communications zu engagieren. Der Computer-Riese kaufte sich mit 40 Prozent Anteilen bei der Satellite Business Systems (SBS) ein, um mit Milliarden-lnvestitionen ein kommerzielles System für digitale Daten-, Sprach- und Bild-Übertragung auf dem amerikanischen Kontinent aufzubauen. Im April 1976 wurden detaillierte Pläne der Aufsichtsbehörde, Federal Communications Commission, vorgelegt und dort auch gebilligt. Erstes Ziel: 315 Bodenstationen auf den Dächern oder Parkplätzen amerikanischer Großunternehmen. Die Zielgruppe beträgt zunächst nur 415 Firmen aus der Fortune-Liste der 500 Größten.

In 16 Firmen wurden detaillierte Studien vorgenommen, um den Bedarf an Datenübertragung, elektronischer Post, Video-Konferenz-Schaltungen (als Ersatz von Reisen) und anderen neuartigen Kommunikations-Techniken zu ermitteln. Im "Project Prelude" wurden mit NASA-Satelliten drei Monate lang die kommenden SBS-Dienste und die dazugehörige Hardware getestet.

Symphonie aus Ottobrunn

Auch der deutsch-französische Nachrichtensatellit "Symphonie" (in Ottobrunn zusammengebaut) wurde für SBS-Experimente genutzt - nämlich für eine Rechnerkopplung zwischen einer 370/158 in Maryland, USA, und einer 370/158 in La Gaude, Frankreich, mit Datenübertragung der Rate 1,5 Millionen Baud. (Bekanntlich sind 2400 Baud und gelegentlich das Vierfache das bisher Übliche.)

Bereits 1981 will die Satellite Business Systems erster kommerzieller Nutzer des NASA-Weltraumgleiters "Space Shuttle" sein, der 1980 erstmals starten soll.

Drei Satelliten werden bereits gebaut (von denen einer als Reserve am Boden bleiben soll), die Datenübertragung von 43 Millionen Baud ermöglichen werden - das entspricht der Kapazität von etwa 12 000 gleichzeitigen Telefongesprächen.

Schwierigkeiten nach Plan

Die Schwierigkeiten sind immens, aber systematisch werden sie überwunden:

* Neue DFÜ-Protokolle müssen geschaffen werden.

* Die Bodenstationen (Durchmesser etwa 1,5 m) sind noch zu teuer.

* Neue DFÜ-Hardware für Protokoll-Bearbeitung, Multiplexing, Verschlüsselung etc. muß entwickelt werden.

* Verschiedene neuartige Terminals für Fernkopieren, Video-Einspielung, Digitalisierung der Stimme und vieles mehr sollen rechtzeitig fertig sein.

* Längere Blockung von Datenströmen wird erforderlich sein, damit "High Speed Computer Communication" nicht durch herkömmlichen Protokoll-Bearbeitungs-Overhead erschwert wird. Vorgesehen sind "Channel to Channel"- oder "Virtual Channel"-Verbindungen via Satellit, die es ermöglichen sollen, daß Data Base Transfer - bisher eine Sache von Stunden - zu Minuten-Angelegenheiten werden. Der Austausch aktualisierter Datenbanken zwischen regionalen Zentralen soll damit ermöglicht werden so daß preiswerter örtlicher Zugriff die bisher teuren Leitungsgebühren ersetzt.

Bisher verläuft offiziell und offensichtlich alles nach Plan. Das ist bei der Größe der Aufgabe eine phantastische Leistung, für die Respekt, wenn nicht gar Bewunderung, angebracht erscheint.

Man fragt sich, warum im Kleinen immer so viel schiefgeht, wenn derart große Projekte nachbar sind.