IBM im Möbelmarkt:Ein Computer ist kein Ohrensessel

02.11.1979

Am Anfang standen im Möbelhaus Möma (Braunschweig/ Wenden) die Überlegungen, ob es überhaupt machbar sei, für die im Haus anfallenden Aufgaben einen Computer einzusetzen. Als Frage Nummer eins kristallisierte sich heraus: Gibt es eine Anlage, die weder zu klein noch zu groß, die einfach zu bedienen und zu verstehen und sich am Arbeitsplatz orientiert? Vor allem aber: Eine Anlage, die nicht in wenigen Jahren schon wieder hoffnungslos überaltert ist? Im Gegenteil, die man möglichst - ohne das ganze Konzept umzukrempeln - ergänzen und erweitern kann, die auch an andere Systeme anschließbar und mit ihnen verbunden werden kann? Der Entschluß fiel für ein System IBM /34. Seit etwa einem Jahr sind sieben Bildschirmterminals und zwei Drucker installiert. Die Programme zur Finanzbuchhaltung kaufte man von IBM, die Auftragsbearbeitung entwickelte das Möbelhaus selbst in Zusammenarbeit mit der Beratungsfirma Orba-Organisationsberatung Henning Backhaus, Hannover, die auch die Vermarktung des Paketes übernimmt.

Bei der Wahl der Anlage sollte man sich vor voreiligen Entschlüssen hüten; schon manche Anlage erwies sich im nachhinein als eine kostspielige Investition mit astronomischen Folgekosten, die nur entstanden, weil nicht von vornherein klar umrissen war, welchem Zweck ein Computer eigentlich dienen solle.

Nun ist ein Möbelhändler natürlich kein Experte für Computer-Anlagen. Die Hinzuziehung eines unabhängigen Fachmannes ist daher allemal ein Gewinn. Das gilt nicht nur für die Auswahl, sondern auch für die spätere Beratung. Inzwischen haben sich Unternehmen aufgetan, die für ein solches Unterfangen geradezu prädestiniert sind.

Die richtige Größe

Der Einsatz des Systemcomputers wird vom Bedarf bestimmt. Er kann als

Ein-Platz-System wie auch als Mehrplatz-System mit bis zu 16 Bildschirm-Arbeitsplätzen eingesetzt werden. Schon deshalb ist die Anlage für ein mittelständisches Unternehmen sehr geeignet. Es gibt aber noch einen nicht unwesentlichen anderen Grund: Die Anlage gehört zu einer "Produktfamilie", die "aufwärts kompatibel" ist, wie es im Fachchinesisch heißt.

Darunter verbirgt sich die jederzeit mögliche Anpassung an veränderte Aufgabenstellungen und -erweiterungen. Wenn man so will, bedeutet dies nichts anderes, als daß der Computer mit dem Unternehmen wachsen kann. Das System ist zusätzlich noch in der Lage, autonom eingesetzt zu werden oder mit Großrechnern aller bedeutenden EDV-Hersteller zu kommunizieren. Daten und Informationen zur zentralen Weiterverarbeitung können übermittelt und vom Großrechner empfangen werden.

Ein Computer, der seinen Hauptzweck, nämlich optimale Produktivität und Kostenreduzierung, nicht erfüllt, ist nichts weiter als ein teures Spielzeug. Das bedeutet: weg vom Zentralismus, hin zum arbeitsplatzorientierten Computer, der sich dort als "Intelligenzverstärker" betätigen muß. Der Computer am Arbeitsplatz erledigt die Arbeiten dort, wo auch die Daten anfallen. Dazu kommt die Bedienung, die so einfach sein muß wie das Schreibmaschinenschreiben.

Vorteile für alle

Die Vorteile einer solchen Anlage für die Unternehmensleitung liegen auf der Hand: sofortige Auskunftsbereitschaft für betriebswirtschaftliche Kennzahlen dadurch schnellere und flexiblere Reaktionen, Verbesserungen der Informationsgrundlagen für Entscheidungen, Kostenminderung und Ertragsverbesserung.

Zu den Vorteilen für den Mitarbeiter am "intelligenten Arbeitsplatz" gehört das ermüdungsarme Arbeiten am Bildschirm, der sicherheitstechnischen und ergonomischen Anforderungen entspricht. Die umständlichen und zeitraubenden Routinearbeiten entfallen, was die Arbeitsqualität erheblich verbessert.

Jeder Unternehmer muß selbst entscheiden

Es gibt für die Installierung eines Computer-Systems in einem mittelständischen Möbelhandelsunternehmen Gründe, die jeder Unternehmer selbst entscheiden muß. Dabei sind einige Punkte entscheidend:

- Genauigkeit

Der Computer kann nur so gut wie die Fakten sein, die man einspeichert. Je genauer die Aufgabenstellung, desto maßgeschneiderter und damit kostengünstiger fallen Anlage und Programme aus.

- Ehrlichkeit

Das unternehmerische Eingeständnis "Davon habe ich keine Ahnung" kommt einem nur schwer über die Lippen. Bei der Entscheidung über die Anschaffung einer Datenverarbeitungs-Anlage kann dieses Bekenntnis immense Kosten einsparen: Es führt direkt zu einer Beratungs-Firma, die mit Alternativen unter die Arme greift.

- Dienstleistung

Ein Computer ist kein Ohrensessel, den man kauft und in dem man sich anschließend zur Ruhe niederläßt. Ebenso wichtig wie eine Anlage ist die kontinuierliche Beratung.

Eine EDV-Lösung für Möbelhändler

Der Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung im Möbelhandel ist Neuland - zumindest beim Möbelhandel bis 80 Millionen Mark Umsatz im Jahr. Die Programme mußten daher erst entwickelt werden. Das dabei entstehende Paket deckt folgende Gebiete ab:

- Stammdaten

Zur Programmabwicklung ist die Eingabe von Stammdaten erforderlich. Hierzu gehören beispielsweise Artikelstamm (Lager- oder Sortimentsware), Lieferanten-, Verkäufer- und Auftragsstamm.

Die Eingabe und Änderung der Stammdateien erfolgt im Dialog über den Bildschirm. Dabei werden Fehleingaben angezeigt und können sofort korrigiert werden. Die eingegebenen Stammdaten können über den Bildschirm angezeigt oder als Liste ausgedruckt werden. Ordnungskriterien sind dabei zum Beispiel

- Artikelübersicht nach Artikel oder Lieferant,

- Lagerbestand,

- Lieferanten nach Namen oder Nummer,

- Kunden nach Namen oder Nummer,

- Bestellvorschlag (bei Unterschreitung des Mindestbestands).

- Auftragserfassung

Beim Verkauf von Lagerware muß der Verkäufer prüfen, ob der gewünschte Artikel verfügbar ist. Diese Auskunft erhält er über eine Bildschirm-Abfrage oder über telefonische Rückfrage an einem Bildschirmarbeitsplatz. Nach Abschluß des Kaufvertrages wird auf dem gleichen Wege die Ware reserviert.

Die Auftragserfassung erfolgt nach den vom Verkäufer erstellten Auftragsformularen. Dabei besteht die Möglichkeit, von mehreren Bildschirmen gleichzeitig zu erfassen.

- Auftragsabwicklung

Anhand der erfaßten Aufträge erstellt das System zum Zeitpunkt der Auslieferung einen Formularsatz "Rechnung/ Lieferschein". Kopien dieses Formulars dienen als Arbeitsschein für die Bereitstellung der Ware bei Auslieferung, als Rechnung für den Kunden, als Empfangsquittung und als Rechnungskopie für die Buchhaltung.

Nach Auslieferung der Ware werden die Daten aus den Empfangsquittungen eingegeben. Diese Eingabe löst die Erstellung eines Rechnungsbuchungssatzes für das Buchungsprogramm aus.

Sind sämtliche Auftragspositionen ausgeliefert und bezahlt, wird der Auftrag im System gelöscht.

- Lagerbestandsführung

Die Warenbewegungen werden jeweils bestandsmäßig fortgeschrieben. Die Eingabe eines Stellplatzes bei der Erfassung des Wareneingangs erleichtert das Auffinden eines Artikels im Lager und die Kontrolle der Inventurlisten.

Für Lagerbestellungen werden die entsprechenden Bestellformulare ausgedruckt, im Rahmen der Mindestbestandskontrolle die Bestellvorschlagslisten.

- Provisionsermittlung

Aus den im Artikelstamm gespeicherten Provisionskennzeichen wird automatisch die Provision für den Verkäufer ermittelt. Zum Monatsende druckt das System eine Provisionsliste aus, auf der die einzelnen Provisionsbeträge aufgeführt sind.

- Buchhaltung

Zum Buchhaltungsprogramm wurden Schnittstellen geschaffen. Dies bedeutet daß die Buchhaltungssätze für die Debitorenbuchhaltung zum Zeitpunkt der Auslieferung automatisch generiert werden. Eine doppelte Erfassung wird dadurch vermieden.