CA-Produkte für den VAX-9000-Großrechner

IBM-Herausforderer DEC ist auf Mainframe-SW angewiesen

11.01.1991

MÜNCHEN (gfh) - Digital Equipment versucht, mit dem High-end-Rechner VAX 9000 den IBM-Großrechnern Konkurrenz zu machen. Helfen soll dabei Systemsoftware von Computer Associates (CA). Doch die Nummer eins im Softwaremarkt engagiert sich nur halbherzig.

Als im Oktober 1989 Vertreter von Digital Equipment und Computer Associates ein Abkommen über die Portierung von Mainframe-Systemsoftware auf VAX-Systeme unterzeichneten, schien die Sachlage klar. CA-Marketing-Leiterin Birgit Bamberg: "DEC wollte und will auch heute noch in den Großrechner-Markt eindringen. Unsere Aufgabe dabei ist es, die RZ-Software für die VAX 9000 zu liefern."

Nach DEC-Angaben sind die anfänglichen Hardwareprobleme des neuen Großrechners ausgeräumt, und CA konnte den Verkauf termingerecht mit ersten Softwareprodukten unterstützen. Insider weisen allerdings darauf hin, daß die VAX-Versionen der Sicherheitsprodukte "CA-ACF2" und "CA-Top Secret" nur unter Rückgriff auf die entsprechenden MVS-Programme laufen. Zudem arbeiten die Produkte mit dem "Look and Feel" von IBM-Großrechnern.

Stellt sich die Frage, warum sich die Anwender für den DEC-Rechner entscheiden sollen, wenn dieser die IBM-Mainframes nicht ersetzt, sondern bestenfalls ergänzt. Schließlich ist die CA-Software ohne eine MVS-Maschine auch auf der VAX 9000 nicht lauffähig. Die ausweichende Stellungnahme von Marketing-Leiterin Bamberg: CA gehe es weniger um die Unterstützung des Mainframe-Engagements von DEC als darum, das eigene Unternehmen auf einen Markt mit zunehmend heterogenen Systemlandschaften vorzubereiten. Die DEC-Rechner seien hier nicht mehr als eine Zielumgebung unter anderen.

Der IDC-Branchendienst "EDP Deutschland Report" deutet die Zurückhaltung von CA bei "reinrassigen" VAX-Produkten als strategisches Konzept. Stellungnahmen von CA scheinen diese These zu bestätigen. So geht das Software-Unternehmen davon aus, daß keine reinen IBM- oder DEC-Umgebungen existieren - Grund genug, im Mainframe-Bereich vor allem auf die Gewohnheiten der IBM-Kunden Rücksicht zu nehmen.

Während sich Computer Associates relativ gelassen auf Nicht-IBM-Terrain vortasten kann, hängt bei DEC der Erfolg des Großrechner-Konzepts von der Verfügbarkeit und Attraktivität der Systemsoftware ab, die CA liefert. "Wir erwarten davon eine erhöhte Akzeptanz für die VAX 9000 bei den Mainframern", so die Stellungnahme von Digital Deutschland.

Die VAX 9000 als IBM-Mainframe-Killer

Der angeschlagene Minicomputer-Spezialist versucht derzeit, in den lukrativen Großrechner-Markt einzusteigen, und hat deshalb die VAX 9000 als "IBM-Mainframe-Killer" positioniert. Bisher scheint sich der High-end-Rechner allerdings keineswegs so gut zu verkaufen wie DECs Senior Vice-President John F. Smith Ende 1989 hoffte. Während er bereits im ersten Quartal 1990/91 mit 100 Auslieferungen rechnete, geht die deutsche DEC-Niederlassung davon aus, daß diese Zahl erst Ende dieses Jahres erreicht wird.

Trotzdem deutet EDP die Zusammenarbeit von DEC und Computer Associates als eine Herausforderung des Mainframe-Marktführers IBM. "Es zeichnet sich ein Zweikampf der Giganten ab", heißt es in dem Report. Dabei räumt der Informationsdienst dem bisherigen Mini-Spezialisten durchaus Erfolgschancen ein.

Der Bericht betont dabei die Schlüsselstellung der systemnahen Software, wie sie von Computer Associates zur Verfügung gestellt wird.

Hinderlich sei allerdings, daß nur ein Teil dieses Angebots ohne eine zusätzliche MVS-Maschine auskäme. Hier stellt die Marketing-Leiterin von CA "reine" VAX-Anwendungen für einen allerdings unbestimmten Zeitpunkt in Aussicht.