Big Blue stellt telefonischen Desktop-Direktverkauf in mehreren Ländern ein

IBM gibt Teile ihrer PC-Produktion an Sanmina ab

18.01.2002
MÜNCHEN (CW) - IBM räumt ihre PC-Division auf. Das Unternehmen hat einen Outsourcing-Vertrag mit dem kalifornischen Auftragsfertiger Sanmina-SCI Corp. geschlossen, der künftig einen Großteil der PCs für Big Blue produzieren wird. Ferner gibt IBM den PC-Verkauf via Telefon an kleine und mittelständische Firmen in Deutschland, Frankreich, Schweden und Großbritannien auf.

Allerdings werden Kunden auch weiterhin über das Internet PCs bestellen können. Das Unternehmen hatte den Telefonverkauf insbesondere auf kleine und mittelständische Unternehmen (SME = Small and Medium Enterprises) gemünzt. Man habe im Lauf der Zeit herausgefunden, dass diese Klientel PC-Käufe lieber mit lokal ansässigen Händlern abwickelt, von denen sie häufig eine Komplettlösung erwirbt, sagte IBM-Sprecher Ian Colley. "Wir reagieren mit unserer Entscheidung auf die Kaufgewohnheiten unserer SME-Kunden."

Brian Gammage, bei Gartner Dataquest für den PC-Markt zuständiger Analyst, sagte, die Entscheidung der IBM bedeute eine neue Ausrichtung weg vom PC-Retail-Geschäft. "Big Blue dürfte von allen großen PC-Anbietern wahrscheinlich die am wenigsten effiziente Lieferkette betreiben", erklärte Gammage. Andererseits könne es sich IBM im Unterschied zu reinen PC-Herstellern leisten, nur die lukrativen Marktsegmente zu bedienen.

Vergangene Woche hatte IBM ein Outsourcing-Abkommen mit der im kalifornischen San Jose beheimateten Sanmina-SCI Corp. bekannt gegeben. Sanmina wird danach fast die gesamte PC-Produktion der IBM in den USA übernehmen. Hierzu gehen die "Netvista"-PC-Produktionsstätten in den Vereinigten Staaten und Schottland samt deren rund 1000 Mitarbeitern an Sanmina-SCI über. In Research Triangle Park im US-Bundesstaat North Carolina wechseln rund 900 Mitarbeiter im Zuge des Deals den Arbeitgeber. Im schottischen Greenock begeben sich etwa 80 Mitarbeiter unter die Sanmina-Fittiche. Der Vertrag läuft über drei Jahre. IBM zahlt Sanmina in dieser Zeit für die Produktion der PCs rund fünf Milliarden Dollar.

Auch die Auslagerung eines Großteils seiner PC-Produktion wird von Gartner-Analyst Gammage positiv bewertet. Hewlett-Packard (HP) habe seine PC-Produktion ebenfalls schon zu fast 100 Prozent nach außen vergeben. Für IBM sei dieser Schritt eine Notwendigkeit, um seine PC-Aktivitäten profitabel zu gestalten. Außerdem könne sich Big Blue so ganz darauf konzentrieren, PC-Designs zu entwickeln. Nicht zuletzt kann Big Blue sich nach Ansicht von Gartner-Analyst Gammage mit diesem Schachzug besser darauf fokussieren, Lösungen anzubieten, die außer PCs auch andere Techniken und Dienstleistungen umfassen.

Gammage warnt allerdings davor, den Outsourcing-Vertrag mit Sanmina-SCI als Lösung aller IBM-Probleme im PC-Segment zu betrachten. Mit diesem Deal allein gestalte sich das PC-Angebot des blauen Riesen für seine Kunden noch nicht attraktiver. Big Blues Personal Computing Division müsse weiter die vier als wichtig erkannten Säulen drahtloser Kommunikation von PC-Systemen, Sicherheit, Produktdifferenzierung und Migrationsdienstleistungen festigen. Für Käufer von IBM-PCs mache die Produktionsauslagerung keinen Unterschied, so der Gartner-Mann weiter. Für die Konstruktion der Rechner sowie Support und Service sei Big Blue ja weiterhin selbst zuständig. (jm)