Offener Brief an Sun Microsystems

IBM fordert quelloffenes Java

05.03.2004
MÜNCHEN (CW) - Nach dem Linux-Protagonisten Eric Raymond hat auch IBM den Rivalen Sun Microsystems aufgefordert, die plattformunabhängige Programmiersprache Java der Open-Source-Gemeinde zu übergeben.

In einem offenen Brief an Suns Vice President Rob Gingell offeriert IBM technische Unterstützung und Code für eine Open-Source-Implementierung von Java. Im Rahmen eines gemeinschaftlichen Projekts solle Sun im Gegenzug etwa Java-Spezifikationen sowie Testsysteme zur Verfügung stellen. Die Offenlegung würde die Verbreitung Java-basierender Technologien beschleunigen und die Java-Community erheblich vergrößern, schreibt IBM-Manager Rod Smith. Gingell leitet Suns Java Community Process (JCP).

Erst kürzlich hatte sich der Open-Source-Aktivist Eric Raymond ebenfalls in einem offenen Brief an Sun-Chef Scott McNealy gewandt und gefordert, Java "freizugeben". Sun betone zwar einerseits die Nähe zur Open-Source-Community, wolle andererseits aber die Kontrolle über die Technik nicht aus der Hand geben, kritisierte er. Dies schade der Akzeptanz von Java. Immer mehr Entwickler würden deshalb andere Sprachen nutzen. Wegen Suns Lizenzbestimmungen sei es beispielsweise einigen Linux-Distributoren nicht möglich, Java als Browser-Plug-in mitzuliefern.

Suns Cheftechnologe Simon Phipps wies die Kritik zurück. Man habe bereits Änderungen im JCP vorgenommen, die es erleichterten, Java-Technologien in Open-Source-Projekte einzubinden. In der Folge hätten beispielsweise die Apache Software Foundation, Jboss und das Objectweb Consortium die Java 2 Enterprise Edition (J2EE) in Lizenz nehmen können.

Die Forderung IBMs ist nicht neu. Schon vor Jahren hatte der IT-Konzern den Erzrivalen ermuntert, Java der Open-Source-Gemeinde zu übergeben. Sun beharrte stets auf dem Standpunkt, die Kontrolle über Java behalten zu wollen. Hinter der Auseinandersetzung steht nicht zuletzt der Wettstreit zwischen den Java-Programmierwerkzeugen aus den Open-Source-Projekten "Eclipse und "Netbeans" . Während Eclipse von IBM ins Leben gerufen wurde, geht die Gründung der Netbeans-Initiative auf Sun zurück. Beide Unternehmen kämpfen über diese Projekte um den Markt für Java-Tools. Eclipse konnte in den zwei Jahren seines Bestehens zahlreiche namhafte Hersteller gewinnen, zuletzt etwa Novell. (wh)