Analysten: "Fortschrittlich, aber am Markt vorbei"

IBM entwickelt Krypto-Algorithmus

15.12.2000
SAN FRANZISKO (IDG) - IBM hat die Entwicklung eines neuen Algorithmus bekannt gegeben, der die Verschlüsselung von Online-Transaktionen erheblich beschleunigen soll. Einige Kritiker äußerten allerdings die Ansicht, dass für die Neuentwicklung derzeit keinerlei Bedarf bestehe.

Das bisher noch unbenannte Verfahren verschlüsselt und authentifiziert Nachrichten gleichzeitig. Es arbeitet mit symmetrischer Kryptografie, bei der im Gegensatz zur Public-Key-Methode für das Ver- und Entschlüsseln derselbe Schlüssel verwendet wird. Big Blue hat den Algorithmus beim US-Patentamt und beim National Institute of Standards eingereicht. Nach Angaben des IBM-Managers Charles Palmer macht sich der Geschwindigkeitsvorteil bei kleinen Datenmengen wie E-Mail nicht bemerkbar. Erst bei größerem Volumen wie etwa bei MS-Word-Dateien oder anderen Formaten sei ein Geschwindigkeitszuwachs messbar. Seine Vorteile könne das neue Verfahren aber erst beim Einsatz von mehreren parallelen Prozessoren ausspielen.

Unterdessen äußerten einige Krypto-Experten Zweifel am Nutzen der neuen Entwicklung. Laut Bruce Schneier, Buchautor und CTO von Counterpane Internet Security, gebe es derzeit keinen Markt für diesen Algorithmus: "Sicher können RSA-Verfahren langsam sein, aber andere Aspekte bei Netzwerkprotokollen wirken sich weitaus stärker auf die Geschwindigkeit aus. Kryptografie ist in den seltensten Fällen der Flaschenhals bei der Datenübertragung." Auch IBMs Palmer gibt zu, dass in nächster Zeit von der neuen Technik noch wenig zu sehen sein wird.

Big Blue hat vor allem deshalb harsche Kritik auf sich gezogen, weil das Unternehmen bereits in der Vergangenheit lautstark neue Krypto-Standards verkündet hatte, die sich dann nicht durchsetzen konnten. So sollte beispielsweise vor zwei Jahren das "Cramer-Shoup-Cryptosystem" den im Web omnipräsenten Secure-Sockets-Layer-(SSL-)Standard ersetzen. Bis heute hat das Verfahren aber keine Verbreitung gefunden.