IBM - ein ganz normaler Hersteller

30.01.1987

Von den gefüllten Tauben sind die Römer bekanntlich auf die Spaghettis gekommen, die IBM von den Mainframes auf die Personal Computer. Die Analogie ist klar, doch bringt es etwas, mit ihr zu spielen?

Aus CW vom 27. Juni 1986, Kolumne

Nun waren zur Abwechslung mal die eigenen Mitarbeiter schuld: Weil sie das Gespräch mit den Kunden nicht suchten, sei der Kontakt zum Markt verlorengegangen. Für IBM-Boß John Akers ist das magere Jahresergebnis (Seite 4) Anlaß zu einer Manöverkritik, die gleichwohl klarstellt, daß die langfristigen Pläne der "One-and-only-Company" nicht gefährdet sind. X-mal war Big Blue Kolumnenthema in der CW. Der Zwischenzeichner hält es für aufschlußreich, die IBM-"Bilanz" in einem Meinungsrückblick zu "würdigen". Hier eine kleine CW-IBM-Chronik, zusammengesetzt aus Eigenzitaten:

27. April 1984: In dem Trend zum Kauf könnte eine Zeitbombe für IBM stecken. Vom IBM-Umsatz ist nur noch ein geringer Teil planbar, derjenige nämlich, der aus Vermietungen stammt. Darin liegt ein Risiko, dem die Miet-Company IBM nicht ausgesetzt war. Die IBM entwickelt sich, Gott sei Dank, immer mehr zu einem ganz normalen Computerhersteller. Frage an die Meteorologen: Bleibt das blaue Hoch stabil?

2. November 1984: Das Beispiel Xerox hat gezeigt, daß eine aggressive, überzogene Marketingpolitik aus dem Monopol-Paradies direkt ins Tal der Tränen führte. Der "König der Kopierer" hatte eine innere "Größe" erreicht, die immer labiler wurde. Für die IBM könnte die angestrebte Verwandlung von der Edelschmiede zum Allesfresser ein Schritt zuviel sein, ein kleiner Schritt zuviel.

1. März 1985: Es ist eine IBM im Wandel, die zwar immer noch die Pfoten in Mehl steckt, ansonsten aber keinen Wert mehr auf gute Manieren legt. Denn der blaue Riese ist keineswegs mehr unverwundbar. Manches geriet. . . zum Flop. Das Rolm-Abenteuer macht deutlich, wie nervös die IBM ist.

19. April 1985: Eine IBM-Strategie, die mehr auf die schnelle Verkaufsmark. . . aus ist, setzt nicht mehr darauf, einen Treuebonus zu erzielen, sondern darauf, die eigenen Reihen fest zu schließen (Stichwort "Streamlining"). Nun kann der blaue Elefant, wie sich zeigt, bei der wilden Techno-Hatz leicht ins Schaukeln geraten. Die Leidtragenden wären die Anwender.

7. Juni 1985: Akers setzt auf die Großkundenkarte, die allemal ein Trumpf-As war. Woher dann die Beunruhigung? Die Sache ist verzinkt: Mit der Mips-Migration wird es nur dann klappen, wenn die Kunden ihren Online-Apparat kräftig ausbauen. Danach sieht es momentan nicht aus. Womöglich braucht man keine Zusatzkapazitäten im Host. Dann ginge die IBM-Rechnung nicht auf.

31. Januar 1980: Die IBM (wird sich) daran messen lassen müssen, in wie vielen . . . Märkten sie die Führungsrolle spielen kann. Die Experten sind sich einig, daß Standards, und seien sie auch von Big Blue beeinflußt, letztlich Gift sind für einen Hersteller, der von der Macht über die Anwender lebt. Hier haben wir den eigentlichen Knackpunkt: Die Ziele der IBM sind nicht mehr automatisch auch die Ziele ihrer Kunden. Der Markt läßt sich nicht dressieren.

Ende der Zitate.