"Handelsblatt"

IBM Deutschland könnte tausende Jobs "verflüssigen"

01.02.2012
Von  und


Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.

Alles muss flexibler werden

Rüdiger Spies, IBM: "Die Kosten für deutsche Arbeitnehmer sind enorm hoch."
Rüdiger Spies, IBM: "Die Kosten für deutsche Arbeitnehmer sind enorm hoch."
Foto: IDC

Für IBM-Kenner Rüdiger Spies, Vice President bei IDC Central Europe, fügt sich der Plan in die Flexibilisierungs-Bestrebungen der vergangenen Jahre ein. Angefangen habe der Konzern vor geraumer Zeit damit, die festen Arbeitsplätze der Mitarbeiter aufzulösen, heute habe kaum noch ein IBMer einen eigenen Schreibtisch. "Die Flexibilisierung der Arbeitsverträge ist ein weiterer, konsequenter Weg in diese Richtung", beschreibt er die Hintergründe. Alles folge zudem dem Margenziel, dem sich IBM gegenüber den Investoren verpflichtet hat. Der Finanzindustrie wurde für das Jahr 2015 ein Gewinn von 15 Dollar pro Aktien in Aussicht gestellt. Dazu habe man bereits Entwicklungs- und Support-Aufgabe in Offshore-Länder verlagert und Backoffice-Dienste etwa für Finance- und Accounting nach Osteuropa vergeben. "Doch die Kosten für deutsche Arbeitnehmer sind nun einmal sehr hoch", beobachtet Spies. Zur finanziellen Belastung entwickele sich zudem die IBM-Rente, die den Konzern insbesondere in Deutschland künftig mehr und mehr belasten werde.

Das dürfte auch einer der Gründe dafür sein, dass IBM das Pilotprojekt zur Flexibilisierung gerade hierzulande startet. Der Standort Deutschland hat traditionell ein sehr hohes Lohnniveau und feste Arbeitsverträge. Schon in den vergangenen Jahren hat IBM Bemühungen für eine "atmende Organisation" gestartet, die in schlechten Zeiten weniger Mitarbeiter in Festanstellung beschäftigt und sich in guten Zeiten am Freiberufler- und Offshoring-Markt um Aushilfe bemüht. Dieser Weg wurde im sehr konjunkturanfälligen Projektgeschäft von nahezu allen IT-Dienstleister eingeschlagen und dürfte in den kommenden Jahren noch intensiver zu beobachten sein. Ausschlaggebend für lose Beschäftigungsverhältnisse im Projektgeschäft dürften auch die sich wandelnden Anforderungen der Anwender sein. Sie richten sich immer mehr auf Standardlösungen etwa aus der Cloud oder von Softwarehersteller ein. Der Markt für große Integrationsvorhaben schrumpft, der Trend geht zu kleinen Spezialprojekten.