IBM bringt Lotus Sametime gegen Microsoft in Stellung

23.08.2007
Um Microsoft Paroli zu bieten, hat IBM angekündigt, den Großteil der Unified-Communications-Lösung "OpenScape" von Siemens im Rahmen eines OEM-Vertrags in seine Collaboration-Plattform "Lotus Sametime" zu integrieren. Gleichzeitig ermöglicht die Übernahme von Webdialogs die Einbindung von Web-Konferenzen.

Die von Siemens Enterprise Communications bereitgestellten OpenScape-Elemente werden Bestandteil von "IBM Lotus Sametime Unified Telephony", der kürzlich angekündigten Erweiterung von Big Blues Lösung für Unified Communications und Collaboration. OpenScape basiert auf der OpenSOA-Architektur und dem Open-Communications-Modell von Siemens. Diese sollen es Unternehmen ermöglichen, flexibel erweiterbare Lösungen für Unified Communications zu entwickeln, die auf offenen Standards beruhen und sich nahtlos in Geschäftsprozesse integrieren lassen, erklärte Bruce Morse, Vice President für den IBM-Bereich Unified Communication und Collaboration, in einem Statement.

Mit der Kooperation adressieren Big Blue und Siemens den Markt von rund 125 Millionen Lotus-Anwendern, die aktive oder zumindest potenzielle Sametime-Nutzer sind. Lotus Notes/Domino ist allerdings nur die zweitbeliebteste Messaging- und Collaboration-Plattform nach Microsofts Outlook/Exchange-Server. Außerdem will die Gates-Company mit dem eng mit Exchange 2007 verbundenen Office Communication Server (OCS) 2007 Mitte Oktober eine konkurrierende Management-Plattform für Voice over IP, Instant-Messaging, Email und Videokonferenzen auf den Markt bringen.

Mit OpenScape ist IBM nun in der Lage, die in einer frühen Entwicklungsphase befindlichen Lösung Lotus Sametime for Unified Telephony schneller auf den Schlagabtausch mit OCS vorzubereiten. Dennoch erscheint das Produkt voraussichtlich rund ein halbes Jahr später als sein Microsoft-Pendant, als Erscheinungstermin nennt IBM Mitte 2008.

Von Analysten wird die Kooperation zwischen IBM und Siemens positiv bewertet. "Der Deal macht IBM zu einem ernstzunehmenderen Player im Bereich Unified Communications", kommentiert Barry Marks, Analyst bei Intellicom-Analytics, die Zusammenarbeit. "OpenScape verfügt über sehr gute Features. Das ist etwas, was Sametime benötigt hat."

Wenngleich die Vereinbarung nicht exklusiv ist, bedeutet der vorläufig für fünf Jahre geschlossene Vertrag mit IBM für Siemens einen Bruch mit seinem bisherigen Kooperationspartner im Bereich Unified Communications, Microsoft. Wie Brent Kelly, Analyst bei Wainhouse Research LLC, gegenüber den US-Kollegen von "Computerworld" andeutete, ist die Beziehung der Münchner mit Microsoft jedoch bereits länger nicht mehr so prächtig wie einst. Siemens sei praktisch gezwungen gewesen, einen alternativen Vertriebskanal für OpenScape zu finden. "Ich habe oft gedacht, dass OpenScape seiner Zeit voraus sei", erklärte Kelly. "Dennoch stellte sich kein Markterfolg ein und es zeichnete sich ab, dass es mit Microsoft nicht klappen würde."

Mit der neuen SOA-basierenden Version von OpenScape verschwindet auch Siemens' technische Abhängigkeit von Microsoft. So basiere das System zwar nach wie auf dem Session Initiation Protocol (SIP), an die Stelle einer von Microsoft lizensierten Technik rücke jedoch eine eigene SIP-Infrastruktur, erklärt Andy Chew, Senior Vice President Unified Communications bei Siemens. Gleichzeitig verfüge die neue Version über Features, die OCS fehlten – diese Funktionen würden nun auch IBMs Sametime integriert. Als Beispiele nannte Chew eine einheitliche Rufnummer, Präsenz-Service sowie die automatische Weiterleitung von Anrufen oder Mitteilungen. Darüber hinaus wolle IBM eine Rules-Engine zur Steuerung der entsprechenden Prozesse in Lizenz nehmen. Im Paket seien weiterhin bestimmte Funktionen, die die Interoperabilität des Systems mit jeder Art von herkömmlichen oder IP-basierenden TK-Anlagen gewährleisteten.

Gleichzeitig mit der Siemens-Kooperation gab IBM die Übernahme des Webconferencing-Spezialisten Webdialogs bekannt. Big Blue plant, das Unternehmen aus Billerica, Massachusetts, in seine Lotus-Division integrieren, die Teil der IBM Software Gruppe ist. Das Kernprodukt der Company will IBM unter der Bezeichnung "Sametime Unyte" als Online-Service für kleine und mittelgroße Unternehmen anbieten. Finanzielle Details des Kaufs wurden nicht genannt. (mb)