IBM: Bodenbildung des Kurses bei 50 Dollar setzt sich fort Von Arnd Wolpers*

12.11.1993

Der Kurs der IBM-Aktie verharrt in der Naehe der 50-Dollar-Marke. Dem Titel ist es trotz mehrfacher Versuche nicht gelungen, sich von diesem "Boden" zu loesen. Die IBM-Aktie hat 1993 deutlich schlechter abgeschnitten als der US-Aktienmarkt. Den Nimbus als Market-Underperformer duerfte IBM allerdings auch in den kommenden Monaten nicht loswerden. Dem Unternehmen ist es im Hardwarebereich naemlich immer noch nicht gelungen, die Kostenstruktur flexibel genug an das sich staendig veraendernde Wettbewerbsumfeld anzupassen. Ausserdem wird der Silberstreif am US-Konjunkturhimmel konzernweit von den Problemen der europaeischen und asiatischen Toechter ueberdeckt. Erst bei einer nachhaltigen Konjunkturerholung in den USA koennte die IBM operativ wieder Tritt fassen. Das, was die Armonker als ihre eigentliche Staerke sehen, das umfassende Angebot von PCs bis zu global integrierten DV-Systemen, kann aber nur in einem investitionsfreundlichen Umfeld ausgespielt werden.

Von den grossen Volkswirtschaften der Welt hat die der USA bisher das laengste Konjunkturtal durchschritten und scheint deshalb fuer einen Aufschwung im internationalen Vergleich am besten vorbereitet. Allerdings ist die wichtigste Voraussetzung fuer ein langanhaltendes Hoch, naemlich die Tilgung der in den 80er Jahren aufgebauten Verschuldung, in den USA nur teilweise gegeben. Die Unternehmen haben sich im Zuge der anhaltenden Wall-Street-Hausse durch Ausgabe neuen Eigenkapitals nachhaltig entschulden koennen, und auch die Privathaushalte haben etwa ein Drittel der in den 80er Jahren angesammelten Verbindlichkeiten abgebaut. Voellig misslungen ist jedoch bisher die Entschuldung der oeffentlichen Haushalte.

Das Verschuldungsthema sollte jedoch nicht zu sehr hochstilisiert werden. Vor zehn Jahren haben Crash-Propheten ihre Thesen auf dem Verschuldungsgrad der Dritten Welt aufgebaut. Die Verbindlichkeiten Brasiliens waren damals das grosse Thema. Schulden bleiben handhabbar durch Inflation und Verdraengung. Sie sind keine Grundlage fuer einen Crash. Aber der Abbau von Verbindlichkeiten ist Voraussetzung fuer die mentale Befreiung der Investoren und Konsumenten von Altlasten. Erst wenn die knebelnden Folgen der in der vergangenen Aufschwungphase aufgebauten Schulden nicht mehr zu spueren sind, werden Investoren bereit sein, sich neu zu verschulden und damit ein weiteres konjunkturelles Hoch einzuleiten. An diesem Punkt ist die amerikanische Volkswirtschaft jedoch noch nicht angelangt.

Zurueck zu IBM: Der Bericht ueber das dritte Quartal 1993 weist im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum erstmals die Ausschuettung einer Dividende auf Vorzugsaktien in Hoehe von 22 Millionen Dollar aus. Big Blue hat Vorzugsaktien ausgegeben. Vorteil dieser Aktion: Es wird Eigenkaptial geschaffen, ohne dass Stimmrechte eingeraeumt werden muessen. Nachteil: Das Grundkapital wird weiter verwaessert. Bei siebenprozentiger Vorzugsdividende errechnet sich bei einer Quartalsdividende von 22 Millionen Dollar ein Volumen der Kapitalerhoehung von 1,2 Milliarden Dollar, welche IBM elegant und unauffaellig zugeflossen sind, ohne zunaechst die Bonitaet weiter zu verschlechtern. Big Blue wird derzeit mit dem 20fachen des fuer 1994 erwarteten Gewinnes gehandelt. Ein moeglicher Turnaround ist in dieser Bewertung enthalten. Ein Neuengagement draengt sich nicht auf.

*Arnd Wolpers ist Geschaeftsfuehrer der Vermoegensverwaltungsgesellschaft CMW GmbH in Muenchen. Die hier veroeffentlichten Informationen beruhen auf Quellen, die wir fuer vertrauenswuerdig und zuverlaessig halten. Trotz sorgfaeltiger Quellenauswahl und -auswertung koennen wir fuer Vollstaendigkeit, Genauigkeit und inhaltliche Richtigkeit der Angaben eine Haftung nur insoweit uebernehmen, als grobe Fahrlaessigkeit oder Vorsatz Haftung begruenden. Jede darueber hinausgehende Haftung wird ausgeschlossen. Fuer Angaben Dritter uebernehmen wir kein Obligo, Aktienanlagen sind durch staerkere Kursschwankungen gekennzeichnet.