Guide-Arbeitskreis hält neue Betriebssoftware für nicht funktionsfähig:

IBM-Benutzer wollen VM-Release 6 boykottieren

14.09.1979

GLÜCKSBURG - Forderungen zur IBM-Software-Unterstützung und zum Betriebssystem VM/370 standen im Mittelpunkt der Tagung des Arbeitskreises VM/370 des Deutschen GUIDE in Glücksburg. Die Mitglieder der IBM-User-Vereinigung monierten in erster Linie, das neue VM-Release 6 sei mit so vielen Schwierigkeiten verbunden, "daß es momentan gar nicht zum Einsatz kommen kann".

Die Schwierigkeiten liegen, kritisiert der Chairman des Arbeitskreises, Hans Roland Becker, darin, daß IBM den Benutzern einen sehr hohen Umstellungsaufwand auf das neue Release zumute: "Im Conversational Monitoring System (CMS) müssen sämtliche Minidisks vom alten in das neue Format konvertiert werden." Und der Leiter der Abteilung Systemtechnik der BHF-Bank, Frankfurt, macht an einem Beispiel deutlich, welcher Aufwand Release 6-Anwendern bevorstehen kann. Becker: "Wenn einer 600 Minidisks hat, dann muß er 600 Minidisks konvertieren."

Zudem sei das gesamte interne Update-Verfahren so kompliziert geworden, "daß selbst die IBM-Softwaretechniker nicht mehr durchblicken". Außerdem arbeite das neue Release nicht sauber, so daß sogar der Technische Außendienst (TA) des Marktführers vom Einsatz abrate, "zwar nicht offiziell, aber so durch die Blume".

Die User hätten sich auch darüber beschwert, daß sie Fehler in IBM-Softwareprodukten immer häufiger selbst suchen müßten. "Wir werden ja schon nicht mehr "Systemprogrammierung" geschimpft, sondern eher IBM-Forschungslaboratorium", frotzelt der Chairman. Der Frankfurter Systemspezialist faßt die Kritik der VM-Gruppe zusammen: "Wenn IBM ein Release freigibt und dafür Miete kassiert, dann muß man erwarten, daß es zumindest funktionsfähig ist."

Der "Glücksburger Kreis" will laut Becker alle VM-Benutzer zum Boykott des neuen Releases aufrufen: "Wir werden an die IBM ein Schreiben schicken, daß wir uns das nicht mehr gefallen lassen." Präzisiert der VM-Kritiker gegenüber der COMPUTERWOCHE: "Man kann sagen, daß zur Zeit die ganze Release- und Betriebssoftware von IBM - einschließlich Release 6.7 von VS1 - äußerst schlecht ist." IBM müßte - so Becker - dafür sorgen, daß die Betriebssoftware besser ausgetestet und das Update-Verfahren intern genormt wird: "Es gibt bis jetzt keine klaren Richtlinien, wie ein System gepflegt werden soll."