Fortune-500-Hitliste weist Spezialisten als Gewinner des Jahres aus:

IBM bei der Rendite nur noch, im Mittelfeld

15.05.1987

NEW YORK/MÜNCHEN (CW) - Bei der Mehrheit der fahrenden amerikanischen DV-Hersteller geht es mit den Umsätzen stärker bergauf als bei der IBM; dies belegt die kürzlich erschienene Fortune-Hitliste der 500 größten US-Firmen des Geschäftsjahres 1986. Die Umsatzrendite hingegen konnten nur wenige Unternehmen verbessern - etliche verloren hier an Terrain. Ein krasses Gefälle bei den Pro-Kopf-Umsätzen deutet zudem darauf hin, daß noch so mancher Anbieter beispielsweise Unisys - 1987 gezwungen sein wird, auf der Personalseite erneut den Rotstift zu spitzen.

Zu den Top Ten unter den Industrieriesen in den Vereinigten Staaten gehört aus der DV-Branche freilich nur die IBM, die um einen auf den vierten Platz vorrücken durfte. Sie profitierte ebenso wie die Ford Motor Company vom Ölpreisverfall, denn die Erdölkonzerne, die traditionell viele der höchsten Umsatzgipfel in der Wirtschaftslandschaft beherrschten, litten 1986 unter Umsatzeinbußen bis über 40 Prozent. Deshalb fiel Mobil Oil hinter den DV-Marktführer zurück - und letzterem der Aufstieg in den Schoß.

Von den drei Konzernen auf dem Siegerpodest der "Fortune 500" - General Motors, Exxon und Ford - trennen Big Blue mit über 12 Milliarden Dollar Abstand freilich noch Welten. Dafür steht die IBM nach dem Eigenkapital von 34,4 Milliarden Dollar oder dem Marktwert von 88,8 Milliarden Dollar an der Spitze aller US-Unternehmen.

Unisys-Chef Blumenthal verfehlte knapp sein Ziel

Zwei weitere Unternehmen aus dem DV-Bereich, nämlich DEC (Platz 44) und Unisys (Platz 46), haben sich erstmals unter den besten fünfzig der Hitliste plazieren können. Digital Equipment hat sich damit als Branchenzweiter behauptet-, das Unternehmen ist im Verlauf des letzten. Jahres um elf Plätze nach oben geklettert. Trotzdem ist der blaue Riese vom Umsatz her noch fast sieben Mal so groß wie DEC.

Der vormalige Borroughs- und heutige Unisys-Chef, Michael Blumenthal, verfehlte also sein lauthals verkündetes Ziel, seinen Maynarder-Kollegen Kenneth Olsen vom Thron zu stoßen - Parole: "Wir sind die Nummer zwei hinter IBM!" - und mußte sich mit der Bronzemedaille begnügen. Daß der Unisys-Umsatz um gut 30 Prozent hinter den addierten Vorjahreseinnahmen von Sperry und Burroughs zurückbleibt, liegt in erster Linie am Verkauf der nicht am Kemsortiment beteiligten Tochtergesellschaften: Deren Anteil am konsolidierten Konzernumsatz fehlt in der Bilanz.

Obwohl nicht ausschließlich im Computersektor tätig, ist auch Hewlett-Packard zu den ganz Großen der Branche zu rechnen. HP wurde zwar 1986 knapp von der "Bunivac"-Allianz Unisys überholt, verbesserte sich aber in den Fortune 500 auf Platz 51 (Vorjahr: 58). NCR gehört immerhin noch zu den ersten hundert der Fortune-Liste.

Der fast schon klassische Verlierer der Branche, Control Data, rutschte infolge seiner Abmagerungskur vom 106. auf den 119. Platz der Gesamthitliste ab. Dem Rückgang bei den Umsätzen um über neun Prozent stand 1986 ein Abbau der Verluste von astronomischen 568 auf immer noch schlimme 265 Millionen Dollar gegenüber. Herausgefallen aus dem exklusiven Club der oberen fünfhundert sind Datapoint und Dataproducts. Erfolgreichster Einsteiger ist Intergraph auf Platz 417, dicht gefolgt von der fast umsatzgleichen Cray Research auf Platz 421. Außerdem hatten die Speichermedien-Anbieter Seagate (Platz 480 und Xidex (Platz 493) 1986 ihr Entré in die Fortune-Hitliste.

Richtet man den Blick nicht auf die Umsätze, sondern auf die Profite, liegt Cray Research mit weitem Abstand vorn. Die Umsatzrendite: 20,9 Prozent, mit Abstand die höchste unter den 500 größten US-Firmen; nur ein einziges Unternehmen - es gehört zur Tabakbranche - kann damit annähernd mithalten. Der Neuling entthronte mit seinem Beitritt zum Fortune-Club souverän die IBM, die ihren Vorjahreserfolg nicht mehr wiederholen konnte und auf den fünften Platz verwiesen wurde. Auch beim Pro-Kopf-Gewinn ist Cray der Klassenprimus vor Apple und Compaq: Mit 31200 Dollar im Jahr 1986 erwirtschaftete der durchschnittliche Mitarbeiter dieses Herstellers fast dreimal soviel Profit wie ein Mitglied der Big-Blue-Belegschaft und gar fünfmal soviel wie ein DEC-Angestellter.

Apple, Cray und Compaq sind die Produktivsten

Bei der Produktivität allerdings führen andere das Feld an. Bei Apple etwa genügte ein Mitarbeiter, um Produkte für 340000 Dollar an den Markt zu bringen. Compaq setzte pro Kopf noch stolze 283000 Dollar um Cray kann hier immerhin noch einen stolzen dritten Rang für sich beanspruchen; gleichwohl liegt der Vergleichsbetrag mit knapp 150000 Dollar um etwa die Hälfte unter denen der beiden PC-Protagonisten.

Erstaunlich niedrig liegen die Pro-Kopf-Umsätze bei DEC und - vor allem - Unisys (siehe Tabelle). Wenn weder Umsatz noch Gewinn in einem vernünftigen Verhältnis zur Mitarbeiterzahl stehen, ist nach der in den USA üblichen Personalpolitik eine größere Entlassungsaktion fällig. Die besagten Indikatoren treffen nach den von Fortune veröffentlichten Zahlen am deutlichsten auf den Sperry-Nachfolger zu; dessen Belegschaft war bereits im Fusionsjahr 1986 durch die Verkäufe von Unternehmensteilen und durch Werksschließungen um rund 40000 auf 98300 Stellen verkleinert worden. Aber auch bei anderen Wettbewerbern der DV-Szene erweisen sich die Personalkosten als so drückend, daß ihretwegen Gewinne schrumpften, wenn nicht gar Verluste entstanden.

Eine Ausnahme bildet DEC: Obwohl Top-Manager Olsen, der kürzlich von der "Business Weck" für seine unternehmerischen Tugenden mit der Wirtschaftlichkeits-Note 1 belohnt wurde, den Personalstand um 5700 auf 94700 erhöhte, schnellte der Pro-Kopf-Gewinn um 30 Prozent auf 6520 Dollar hinauf; die Gewinnmarge stieg dabei von 6,7 auf 8,1 Prozent.

Die Fortune-Veröffentlichung, derzufolge IBM, der mehrfache Spitzenreiter von 1985, in etlichen Bereichen von kleineren Unternehmen

ins Feld verwiesen wurde, ließ die Börse allerdings unbeeindruckt. Denn was 1986 war, ist für Börsianer bereits Schnee von gestern. Das aktuelle Quartal zählt. Der IBM-Kurs stieg langsam, aber kontinuierlich weiter - auf mehr als 160 Dollar. Die DEC-Aktie hingegen scheint ein Hochplateau erreicht zu haben; ihr Wert hat sich bei etwa 170 Dollar stabilisiert. Und sogar dem Unisys-Management, das vor einer der diffizilsten Aufgaben der ganzen Branche steht, traut man an Wall Street offenbar zu, den richtigen Dreh zu kriegen. Vorige Woche gab es Kurssprünge bis über fünf Dollar auf gut 125 Dollar. Der Jahrestiefststand der Aktie, noch zu Burroughs-Zeiten, halte bei 57,50 Dollar gelegen.

Die Fortune 500

Alle Früh-Jahre wieder zeigt das US-Magazin "Fortune" mit seiner Tabelle der 500 umsatzstärkste Unternehmen, in welche Richtung sich die Wirtschaft im abgelaufenen Jahr entwickelt hat. Für 1986 meldete nun fast ein Drittel der Unternehmen, die in der amerikanischen Hitliste der 500 größten US-Unternehmen aufgeführt sind, weniger Gewinne als im Vorjahr. Die Umsätze aller Unternehmen gingen insgesamt um etwa fünf Prozent auf 1,7 Billionen Dollar zurück. Die DV-Branche verzeichnet aber noch ein Plus von 12,1 Prozent und steht damit an vierter Stelle aller wachsenden Industriezweige - hinter der Tabakbranche, die sich dank nachlassender Schärfe der Anti-Raucher-Kampagnen und guter Auslandsgeschäfte erholt, den metallverarbeitenden Unternehmen und der boomendenpharmazeutischen Industrie. Bei der Produktivität - den Einnahmen pro Beschäftigten - rangieren die Sparten Computer, Bürotechnik und Elektronik jedoch mit nicht einmal 100000 Dollar im Jahr am unteren Ende der Skala. In der Petrochemie reicht ein Mann für 400000 Dollar Umsatz.