Unterschiedliche Konzepte zur Server-Konsolidierung

IBM baut auf Bricks und Blades

30.08.2002
MÜNCHEN (kk) - Nach der Vorstellung der stapelbaren "x440"-Server ("Bricks") zur CeBIT kündigte IBM nun für September die "Blade-Center"-Rechner an. Beide nutzen Funktionen aus dem Eliza-Projekt und sollen sich von einer Konsole aus warten lassen.

"80 bis 90 Prozent meiner Kunden planen derzeit die Konsolidierung ihrer Server oder sind bereits damit beschäftigt", erklärte Tikiri Wanduragala, IBMs Senior Server Consultant x-Series und für das Produkt-Marketing der Intel-Maschinen in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika zuständig. In seinem Verkaufsgebiet werden pro Minute drei Intel-Server installiert, mit der Folge, dass die Anwender zunehmend mit der Verwaltung der vielen Einzelsysteme kämpften: "Die Service- und Supportkosten sind so hoch, dass das Zusammenfassen der Rechenressourcen immer mehr zu einer strategischen Entscheidung wird." Die Probleme würden bei Firmenübernahmen noch vergrößert, da sich das Verschmelzen der meist unterschiedlichen IT-Landschaften oftmals nur durch eine Konsolidierung bewerkstelligen lasse.

IBM bietet als Lösung dafür zwei Konzepte an: die schon seit April verfügbaren stapelbaren x440-Server, die jetzt um ein Einstiegsmodell mit zwei CPUs erweitert wurden, und die neuen Blade-Center, die Ende September auf den Markt kommen sollen. IBMs verspäteten Einstieg in das Geschäft mit den senkrecht steckbaren Blade-Rechnern - die erste Blade-Generation stammte von RLX - begründet Wanduragala damit, dass sich seine Company zunächst auf die Entwicklung der technisch anspruchsvolleren Brick-Server konzentriert habe: "Für die Blades mussten wir keinen einzigen Baustein selbst entwickeln, sondern nur an den Konnektoren für die Mid- und Backplane arbeiten - und das ist Verkabelung."

Viel komplizierter waren die Arbeiten am Design der x440-Server, für die, mangels Angeboten am Markt, mit "Enterprise X Architecture" (EXA) ein eigenes dreiteiliges Chipset entwickelt werden musste. Insbesondere die Arbeiten am "Twister"-Baustein, der unter anderem die Zugriffe auf den Hauptspeicher und die Verbindung zu anderen x440-Server-Platinen regelt, waren "technisch anspruchsvoll". Das modulare Design des Chipsets erlaubt es dafür, dass bei Neuerungen nur ein Teil verändert werden muss. So wird beispielsweise der Chip, der jetzt den I/O-Verkehr auf PCI-Basis regelt, später abgelöst durch einen, der Infiniband bedient.

Die Bricks sind besonders geeignet für die "logische und physikalische Konsolidierung". Über die "X-pansion Ports" lassen sich mehrere Maschinen koppeln und dann entweder als großes Einzelsystem oder aufgeteilt in Partitionen nutzen. Derzeit können bis zu 16 Xeon-MP-Prozessoren mittels Numa (Non Uniform Memory Architecture) zusammenarbeiten.

Während die SMP-Server jeweils eigenständige Rechner darstellen, verfügen die Blade-Center nur über eine Server-Basisfunktionalität. Ein anderer Unterschied zwischen den beiden Konzepten ist die Tatsache, dass mehrere x440-Rechner eine höhere Leistung ergeben, mehrere Blades aber nicht.

IBM stattet die Platinen mit jeweils zwei Xeon-DP-Prozessoren ("Prestoria") aus, die mit 2,2 Gigahertz getaktet sind. Der Hauptspeicher kann mittels ECC-DDR-Speicherchips auf 8 GB anwachsen. Gemäß dem Konzept "No Single Point of Failure" zur besseren Verfügbarkeit hat Big Blue alle Bauteile mindestens doppelt ausgelegt. Dazu zählen die Ethernet-Kanäle (mit 1 Gbit) und die Midplane-Switches.

Standard in Sicht?

Zu den Blades gehört zwingend das passende Chassis. IBM hat sich für eine Lösung mit sieben Höheneinheiten (7 U) entschieden, in der 14 Rechnerplatinen Platz finden. Auch beim Gehäuse spielt Sicherheit eine große Rolle: Hot Swap für Stromversorgung, Lüfter und Midplanes, vier Stromversorgungen mit je 1200 Watt sowie ein "Vektor"-Kühlsystem, das auch für die heißeren Itanium-Chips tauglich sein soll. Optional kann das Chassis mit Fibre-Channel-Switches für die Anbindung an ein Speichernetz (SAN) ausgestattet werden.

Big Blue bezeichnet die Midplane, also den Teil der Platine, der in die Backplane gesteckt wird, als "offen". Wanduragala versteht darunter, dass die Spezifikationen der Konnektoren veröffentlicht werden. Interessierte Hersteller könnten damit eigene Blades für das IBM-Chassis entwickeln. Allerdings ist derzeit nicht bekannt, ob sich die Blade-Hersteller auf einen gemeinsamen Standard für die Midplane oder die Bauhöhe von Blades und Chassis einigen wollen. Außer RLX bieten bislang Fujitsu-Siemens, Dell und HP/Compaq Blade-Server an.

Der IBM-Manager positioniert den neuen x-Server als ideal für ISPs und ASPs, die für ihre Kunden jeweils eigene Maschinen anbieten wollen. Zudem eigne er sich für File- und Print-Services und arbeite auch im Cluster-Verbund. Als Betriebssystem stehen Linux und die Microsoft-Varianten zur Verfügung. Pläne, die steckbaren Server auch mit den hauseigenen "Power"-Prozessoren (unter AIX) zu bestücken, bestehen nach Angaben von Wanduragala derzeit nicht.

Blades wie SMP-Server nutzen Funktionen aus Big Blues Projekt "Eliza" für autonomes Computing, IBMs Sammelbegriff für selbständiges Konfigurieren, Reparieren, Verwalten und Sichern.

Das Projekt Eliza

IBM wählte nach Angaben von Wanduragala eine Eidechse als Logo für die Funktionen zum autonomen Computing, da die Rechenleistung des "Deep-Blue"-Computers, der Gary Kasparow im Schach besiegte, der Größe eines Eidechsenhirns entsprach. Außerdem sei das Reptil das einzige Tier, dem Gliedmaßen nachwachsen, das sich also selbst heilen könne.