Umstrukturierung

IBM 2.0 startet in Deutschland

01.07.2008
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Teile und herrsche

Nicht ganz so euphorisch sieht Bertold Baur von der IG Metall die aktuellen Entwicklungen. Zwar seien die Tarifverträge unter Dach und Fach. Mit der stark zersplitterten Organisation werde jedoch der Kollektivschutz der Belegschaft untergraben. Der Konzern schüre die interne Konkurrenz und könne so mehr Druck auf die einzelnen Gesellschaften ausüben, fürchtet der Gewerkschafter. Darüber hinaus müsse man abwarten, ob sich die Wachstumserwartungen des IBM-Managements erfüllten, dämpft Baur zu hohe Erwartungen. Sollte dies nicht der Fall sein, werde es auf Kosten der Mitarbeiter gehen.

Ob die Rechnung der hiesigen IBM-Führung aufgeht, hängt vor allem davon ab, wie die Kunden die neue Organisation annehmen. Die ersten Reaktionen sind vorsichtig positiv. In der Vergangenheit habe es durchaus das eine oder andere Problem in der Kundenansprache gegeben, berichtet Michael Weiß, Region Manager Deutschland der IBM-Nutzervereinigung GSE und verantwortlich für den Mainframe-Betrieb bei Huk-Coburg. Beispielsweise hätten oft wechselnde Ansprechpartner und mangelnde Produktkenntnisse des Vertriebs die Kunden verärgert. Deshalb begrüßt Weiß die Pläne, den Kunden eine einheitliche Schnittstelle zu bieten und das Branchen-Know-how zu stärken. Darüber hinaus mahnt der Anwendervertreter mehr Ordnung im IBM-Lösungsportfolio an. Unter den zahlreichen Zukäufen habe die Transparenz gelitten. Angesichts sich überschneidender Produktlinien müsse sich der Konzern mehr um die Integration seiner Produkte kümmern, damit den Kunden ein gut sortiertes Lösungsportfolio präsentiert werden könne.

Was macht Jetter

Foto: IBM

Nachdem das hiesige IBM-Management die Umstrukturierung überraschend ruhig über die Bühne gebracht hat, rumort es an der Konzernspitze. Für Aufregung sorgen derzeit Spekulationen rund um die Person von Deutschland-Geschäftsführer Martin Jetter. Konzernintern geht das Gerücht um, der IBM-Geschäftsführer werde seinen Posten räumen und zu BMW wechseln. IBM nimmt zu derlei Gerüchten prinzipiell keine Stellung und auch beim Münchner Autobauer will man von dem neuen Management-Mitglied nichts wissen. Für Verdi-Mitglied Rolf Schmidt wäre der Abschied Jetters unvorstellbar. Nachdem der Manager den Umbau des Konzerns persönlich so stark vorangetrieben habe, wäre es unfassbar, dass der Kapitän in dem Augenblick das Schiff verlässt, in dem es ablegt.

Auch in Kundenkreisen kann sich niemand eine Demission des langjährigen IBM-Managers vorstellen - gerade jetzt, wenn es darum gehe, die Ernte der vergangenen Arbeit einzufahren. Unter Anwendern wird vielmehr darüber spekuliert, welche Möglichkeiten sich für den Deutschland-Geschäftsführer ergäben, sollte die Umstrukturierung erfolgreich sein. Möglicherweise könne dies die Türen zu einem hohen Posten in der US-amerikanischen Konzernzentrale öffnen.