Projekte lohnen sich oft nicht

i2s Referenzkunden sind unzufrieden

17.01.2003
MÜNCHEN (rg) - Die Referenzkunden des angeschlagenen Supply-Chain-Management-(SCM-)Spezialisten i2 Technologies sind mit den Ergebnissen ihrer Projekte mehrheitlich unzufrieden. Einer Umfrage von Nucleus Research zufolge bemängeln sie insbesondere ausufernde Projektlaufzeiten und sind von den Ergebnissen ihrer Investments enttäuscht.

Sanjiv Sidhu, dem Gründer und CEO von i2 Technologies, steht neuer Ärger ins Haus. Sein Unternehmen wirbt gerne mit den immensen Beträgen, welche Anwenderunternehmen durch die Implementierung seiner Software eingespart hätten. Eine Umfrage von Nucleus Research kommt jedoch zu anderen Ergebnissen. Nachdem die IT-Analysten im vergangenen September bereits eine Befragung von Siebel-Referenzkunden mit für den Hersteller wenig schmeichelhaften Ergebnissen vorgelegt hatten (siehe CW 40/02, Seite 1: "Umfrage bringt Siebel in Bedrängnis"), haben sie nun den Anbieter von Supply-Chain-Management-(SCM-)Software aufs Korn genommen. Die Marktforscher wandten sich an die rund 70 auf der Website von i2 aufgeführten Referenzkunden, und abermals stehen die Resultate im krassen Widerspruch zu den vom Hersteller gemachten Aussagen zur Kundenzufriedenheit.

Sieben Kunden teilten mit, die Software von i2 gar nicht mehr einzusetzen. Von den verbleibenden 63 Firmen waren 22 bereit, an der Befragung teilzunehmen. Zwölf Unternehmen gaben an, keinen Return on Investment (RoI) erzielt zu haben, obwohl die durchschnittliche Nutzungsdauer bei immerhin 2,2 Jahren liegt. So haben beispielsweise 14 i2-Anwender der Befragung zufolge durch den Einsatz der Software geringere Lagerkosten erreicht, jedoch nur vier meinen, dass die Einsparungen das Investment rechtfertigen.

Auch bei den Projektlaufzeiten schneidet der SCM-Anbieter schlecht ab. Die durchschnittliche Einführungsdauer der Software liegt bei rund eineinhalb Jahren, wobei 15 Nutzer angaben, das Ganze habe im Schnitt dreimal so lange gedauert wie geplant. Dadurch seien Consulting- und Personalkosten stark gestiegen. Zehn Anwender nannten als Grund für Probleme mangelndes Know-how der i2-Consultants.

Für den Zeitraum von drei Jahren ermittelten die Nucleus-Analysten durchschnittliche Kosten von 7,2 Millionen Dollar. Darin sind die Ausgaben für Software, Hardware, Beratung, Schulung und Personal enthalten. Die Consulting-Kosten schlagen dabei als größter Einzelposten zu Buche.

Janet Eden-Harris, Chief Marketing Officer von i2, kündigte an, die Ergebnisse der Nucleus-Befragung genau unter die Lupe zu nehmen. i2 lasse die Kundenzufriedenheit selbst messen und habe damit das unabhängige Unternehmen Satmatrix beauftragt. Dessen Ergebnisse belegten, dass die Zufriedenheit der Anwender im vergangenen Jahr weiter gesteigert werden konnte. "Der Prozentsatz der Vertragsverlängerungen lag im Jahr 2002 bei über 85 Prozent", so Eden-Harris. Die Marketing-Leiterin nimmt an, dass es Ziel der Befragung gewesen sei, die Glaubwürdigkeit der Kundenreferenzen auf der Website in Frage zu stellen. Die dort versammelten Success-Stories basierten aber auf freiwilligen Interviews mit den Anwendern.

Auch Helmuth Gümbel, Analyst bei Strategy Partners, misst den Ergebnissen von Nucleus Research nur begrenzte Aussagefähigkeit bei und hätte sich eine bessere Erhebungsmethode gewünscht. i2 sei unter allen SCM-Anbietern mit dem größten Marketing-Tamtam angetreten. Dass es da zu "epischen Überhöhungen" komme, sei kein Wunder. "Man darf jedoch nicht vergessen, dass i2-Software in den meisten Fällen sehr stark angepasst wird, was die Total Cost of Ownership (TCO) in die Höhe treibt, die Amortisationszeit verlängert und die Supportsituation kompliziert", so Gümbel. Da i2 ausgerechnet während seiner Expansionsversuche in ein Wachstumsloch gefallen sei und viel Personal abgebaut habe, wundere es nicht, dass die Kundenzufriedenheit leide.