Chinesischer TK-Ausrüster auf dem Vormarsch

Huawei - ein Riese erwacht

28.10.2010
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Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.

Patente statt Plagiate

Die Früchte dieser Maßnahmen können sich sehen lassen: Nach eigenen Angaben stellte Huawei allein 2009 rund 1860 neue Patentanträge. Insgesamt nehmen die Chinesen mit über 42.500 Einreichungen Platz zwei der Patentliste der United Nations World Intellectual Property Organization (Wipo) ein.

Das hochmoderne Logistik-Center kommt fast ohne Mitarbeiter aus.
Das hochmoderne Logistik-Center kommt fast ohne Mitarbeiter aus.
Foto: Huawei

Angesichts dieser Zahlen verwundert es wenig, dass sich das Unternehmen in wichtigen Bereichen allmählich vom Mitläufer zum Vorreiter entwickelt hat und in zahlreichen Standards-Gremien vertreten ist. Ein Markt, in dem Huawei technisch wie auch wirtschaftlich eine Führungsposition erreicht hat, ist das Wireless-Segment. 2009 stellte der TK-Ausrüster hier als erster Anbieter vor Konkurrenten wie Nokia Siemens Networks (NSN) oder Motorola eine SingleRAN-Lösung (Radio Access Network) vor, die auf kleinstem Raum den parallelen Betrieb von GSM-, UMTS-, LTE- und anderen Netzen ermöglicht. Huawei unterstützt damit Carrier bei der Migration von traditionellen zu All-IP- und 4G-Netzen und dies, da parallel genutztes Equipment wegfällt, auf eine besonders kostengünstige und energieeffiziente Weise.

Für das US-amerikanische Wirtschaftsmagazin "Fast Company" war die Innovationsstärke, besonders im Hinblick auf die Kundenanforderungen, neben dem starken Wachstum ein Hauptgrund, Huawei im Frühjahr auf Platz fünf seiner Liste der innovativsten Unternehmen 2010 weltweit zu setzen - hinter Facebook, Amazon, Apple und Google.

Das Exhibition Center in Shenzhen
Das Exhibition Center in Shenzhen
Foto: Huawei

Während der TK-Riese sein Image als Plagiator inzwischen weitgehend abgeschüttelt hat, sind seine politischen Probleme unübersehbar. Besonders in den USA sind die engen Bindungen an die chinesische Regierung von Nachteil. Aus Gründen der nationalen Sicherheit wurde Huawei 2008 unter anderem die Übernahme von 3Com verwehrt, im weiteren Verlauf sahen sich die Chinesen dann auch zum Ausstieg aus dem Joint Venture H3C gezwungen, das mit 3Com gegründet worden war. Auch der im Herbst 2008 geplante Kauf von Nortels Metro-Ethernet-Sparte platzte - und könnte damit letztendlich die Insolvenz des kanadischen Netzausrüsters im Frühjahr 2009 mitverursacht haben.

Doch die Befürchtung der US-Regierung, dass das chinesische Regime über Huawei-Geräte weltweit Netze ausspionieren könnte, verhindert nicht nur Zukäufe. Aktuell droht auch ein drei Milliarden Dollar schwerer Auftrag von Sprint Nextel über 4G-Equipment zu platzen. Eine Lösung ist hier nicht in Sicht: Anders als bei den Plagiatsvorwürfen haben die Chinesen gegen das Misstrauen der westlichen Welt noch kein Patentrezept gefunden.