On-Demand vs. On-Premise

HR-Abteilungen entdecken die SAP Cloud

09.07.2014
Von   
Michael Scheffler schreibt als SAP HCM Experte über die Möglichkeiten der SAP-Standardlösungen im personalwirtschaftlichen Bereich und setzt dabei den Fokus auf Talentmanagement. Er verfügt über mehr als 20 Jahre IT- bzw. Branchenerfahrung und berät seine Kunden als Managing Consultant in den Bereichen HR/IT-Strategie, HR Digitalisierung, Technologie- und Architekturberatung sowie als Entwickler. Seit 2008 ist er Geschäftsführer der projekt0708 GmbH. Als Podcaster produziert und moderiert er das Format „HR/IT Talk“.
Cloud Computing wird für deutsche HR-Abteilungen immer interessanter, denn die Trend-Technologie bringt niedrigere Kosten und kürzere Amortisierungszeiten mit sich. Trotzdem gibt es Zweifel.

Die Cloud - seit rund drei Jahren ist sie aus der SAP-Welt nicht mehr wegzudenken. Ende 2011 gab die Softwareschmiede aus Walldorf bekannt, dass das amerikanische Unternehmen SuccessFactors (SFSF), Marktführer Cloud-basierter Human Capital Management-Lösungen (HCM), für etwa 3,4 Milliarden US Dollar übernommen wurde. Das Konzept hinter der Cloud beziehungsweise SAP On-Demand, einen Teil der IT-Landschaft nicht mehr auf Kundenseite zu betreiben, sondern als Software-as-a-Service (SaaS) direkt aus dem Internet zu mieten (Subscription), ist verlockend; schließlich bringt dies einige Vorteile mit sich.

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Höhere Geschwindigkeit und Agilität

Laut einer aktuellen Studie von Forrester Research streben drei Viertel der befragten Entscheider aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada und den USA eine schnelle Reaktionsfähigkeit, mehr Flexibilität und Skalierbarkeit ihrer IT-Landschaft mithilfe von SaaS Lösungen an.

  • Geringe Anfangsinvestition: Die Implementierungskosten von On-Premise-Systemen liegen erheblich über denen, die ein Cloud-ERP-System erfordert. Dies betrifft insbesondere die Kosten für eine eigene Infrastruktur sowie für Softwarelizenzen.

  • Immer up to date: Kurze Innovationszyklen aufgrund regelmäßiger Software-Upgrades, deren Funktionen im Bedarfsfalle einfach zu aktivieren sind. Wartungs- und Testaufwände für die interne IT des Kunden werden somit so gering wie möglich gehalten.

  • Nutzerfreundlich: Cloud Lösungen zeichnen sich oft durch intuitive und benutzerfreundliche Oberflächen aus. Diese sind auch für ungeübte Anwender leicht zu bedienen.

Die Vorteile klingen verlockend, doch warum kann SAPs On-Demand-Lösung in der DACH Region ganz im Gegensatz zum amerikanischen und asiatischen Raum (noch) keinen Siegeszug antreten? Dies liegt zum einen daran, dass in Deutschland - SAPs Heimatmarkt - das On-Premise basierte SAP ERP Human Capital Management stark verbreitet ist. Unternehmen, in denen die SAP Business Suite Komponente zum Einsatz kommt, haben oftmals hohe Investitionen in deren Einführung, Individualisierung (Customizing, Eigenentwicklungen, etc.) sowie in den Know-how-Aufbau von internen IT-Mitarbeitern getätigt. Darüber hinaus besteht das Problem, dass die Anpassungsmöglichkeiten der Miet-Software an die Unternehmensanforderungen beschränkt sind und sich diese schwieriger in die bestehende IT-Architektur einfügen beziehungsweise mit vorhandenen Applikationen integriert werden können.

Die meisten Bedenken in Sachen On-Demand-Lösungen bestehen aber in Hinblick auf Sicherheit und Datenschutz. Die Server, auf denen die Software gehostet wird, sind nicht im eigenen Unternehmen platziert, sondern in den Rechenzentren der SAP, und somit gegebenenfalls im Ausland. Sensible, mitarbeiterbezogene Daten in der Cloud zu verwalten, kommt daher für viele Unternehmen nicht in Frage.

Die Cloud lohnt sich für den Mittelstand

SAP bietet mit der SuccessFactors Business Execution Suite (BizX) eine umfassende Softwarelösung mit ausgefeilten Funktionen an, von der Suche nach neuen Mitarbeitern, über deren Aus- und Weiterbildung bis hin zur Zielvereinbarung und -bewertung. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ist die BizX Suite eine echte Alternative zu SAP On-Premise, da oftmals noch keine "Altlasten" in Form produktiver Anwendung gegeben sind. Ganz zu schweigen von chronisch überlastenden IT-Ressourcen und knappen Budgets.

SuccessFactors Recruiting

Am Beispiel der SuccessFactors Recruiting Komponente soll nachfolgend verdeutlicht werden, wie umfangreich SAPs HR Cloud bereits heute ist:

  • Stellenausschreibungen erstellen: SuccessFactors ermöglicht es, aus einer hinterlegten Job-Rolle eine Stellenanforderung zu erstellen und zur Genehmigung an die Vorgesetzten zu senden. Im Anschluss lässt sich die Stellenausschreibung mit wenigen Klicks im internen Karriereportal als auch auf der unternehmenseigenen Website und auf ausgewählten Stellenbörsen veröffentlichen.

  • Talent-Community aufbauen: Mit der integrierten Talent-Community besteht die Möglichkeit, die Profile früherer Kandidaten, die ihre Daten zur weiteren Nutzung freigegeben haben, zu durchsuchen und dabei nach Kriterien wie Berufserfahrung und Sprachkenntnissen zu filtern. Ist ein passender Kandidat gefunden, kann ihm die Stellenausschreibung zur Bewerbung per Mausklick zugesandt werden.

  • 1-Klick-Bewerbung ermöglichen: Wer sich auf eine Stelle bewerben möchte, kann dies über die Karriere-Website des Unternehmens tun. Nach einmaliger Anmeldung hat der Bewerber Zugriff auf das Karriereportal und kann sich via 1-Klick-Bewerbung mit seinen Daten von XING oder LinkedIn auf Stellen bewerben. Außerdem kann sich der Bewerber jederzeit den Status seiner Bewerbung ansehen und zusätzliche Dokumente wie Zeugnisse und seinen Lebenslauf hochladen. Treffen neue Bewerbungen ein, wird der Personalreferent darüber informiert.

  • Print and Go nutzen: Ist ein vielversprechender Kandidat gefunden, stellt das System alle essentiellen Informationen zum Bewerber und zur ausgeschriebenen Stelle in einem Print and Go-Format zusammen. Diese Informationen können von allen am Vorstellungsgespräch teilnehmenden Personen ausgedruckt und als Gedächtnisstütze ins Gespräch mitgenommen werden.

Auch wenn sich Cloud Computing besonders für kleinere Unternehmen empfiehlt, können auch große Unternehmen und Konzerne von SAP On-Demand profitieren, selbst wenn SAP ERP HCM bereits im Einsatz ist. Der sogenannte Hybrid-Ansatz, eine Mischform aus On-Premise und Cloud, macht es möglich. Dieser ist dann sinnvoll, wenn SAP ERP HCM um Talent-Management-Funktionen der SuccessFactors BizX Suite zeitnah ergänzt werden soll (beispielsweise durch das oben beschriebene SFSF Recruiting). Abzuwägen ist hier, ob die notwendigen Schnittstellen und die damit einhergehenden Implementierungs- und Wartungsaufwände gerechtfertigt werden können, selbst wenn diese inzwischen größtenteils im SAP Standard bereitgestellt werden.

Bewerber profitieren in jedem Fall

Unabhängig davon, ob SAP E-Recruiting oder SuccessFactors Recruiting im Einsatz ist, profitiert der Bewerber von einer intuitiven Benutzeroberfläche und einer gesteigerten "Candidate Experience", welche am Praxisbeispiel der projekt0708 Karriereseite live erlebt werden kann. Bedenken wegen des Datenschutzes müssen die Unternehmen beim Einsatz von Cloud-basierten Lösungen wie der von SuccessFactors dagegen nicht haben. Die Data Center der SAP, in denen die Software gehostet wird, werden in Hinblick auf den europäischen Markt in Amsterdam und St. Leon Rot betrieben. Zertifizierungen und Qualitätssiegel von TÜV und KPMG belegen, dass SAP umfangreiche Schutzvorkehrungen getroffen hat, um gegen Risiken wie Stromausfälle, Zutrittsverletzungen oder Hardwaredefekte gewappnet zu sein. Hinzukommen regelmäßige Penetrationstests und simulierte Hacker-Angriffe, mit denen gezielt Sicherheitslücken im System gesuchtwerden. Solche prophylaktischen Maßnahmen gehen in der Regel weit über das hinaus, was Unternehmen für die Sicherheit im internen Rechenzentrum tun.

Deutschland mag es wolkenlos

Die deutschen HR-Abteilungen sind gegenüber On-Demand-Lösungen noch recht zurückhaltend. Cloud Computing wird dagegen von immer mehr Unternehmen eingesetzt: Während 2011 erst 28 Prozent der deutschen Unternehmen Cloud Computing nutzten, ist einer Studie des Bitkom zufolge die Anzahl der Unternehmen im vergangenen Jahr auf 40 Prozent gestiegen. Experten vermuten jedoch, dass die Zahl bedeutend höher ausgefallen wäre, hätte die NSA-Affäre dem Wachstum keinen Dämpfer verpasst. Das zeigen auch die Ergebnisse der Untersuchung: Die Angst um die Sicherheit der Daten wurde als Hauptablehnungsgrund von Software aus der Cloud genannt.

In den Vereinigten Staaten herrscht ein anderes Sicherheitsbedürfnis als hierzulande. Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes spielen eine untergeordnete Rolle. Amerikanische Unternehmen sind insgesamt progressiver, was sich auch in der SFSF Kundenliste widerspiegelt. Lässt man die Angst um die Personaldaten außer Acht, so ist man auch in Deutschland und dem Rest Europas der Cloud gegenüber offen. Dabei können seriöse On-Demand-Lösungen selbst die vorherrschenden Datenschutzbedenken in Luft auflösen. Allmählich ist es an der Zeit, der Wolke eine Chance zu geben.