Lizenzvereinbarung auf Nicht-Unix-Systeme ausgedehnt

HPs Softbench spielt tragende Rolle in IBMs CASE-Strategie

12.03.1993

Seit der blaue Riese im Juli vergangenen Jahres seinen Abschied vom Mainframe-basierten Repository erklaerte, raetseln Anwender und Analysten, wie das versprochene "LAN-basierte" Anwendungsentwicklungs-Konzept wohl aussehen werde. Eines zumindest ist jetzt klar: Softbench von HP spielt dabei eine im wahrsten Sinne des Wortes tragende Rolle.

Das unter anderem auch an Informix, Siemens-Nixdorf und Control Data lizenzierte HP-Produkt stellt einen Softwarebus zur Verfuegung, der die Verbindung zwischen verschiedenen Entwicklungswerkzeugen herstellen soll. IBM erwarb bereits vor zwei Jahren eine Lizenz fuer diese Technologie, um sie in eigene Produkte - "SDE Workbench/6000" und "SDE Integrator/6000" - einzubauen. Allerdings bezog sich diese Nutzungsvereinbarung bislang ausschliesslich auf das IBM-eigene Unix-Derivat AIX.

Integration der divergierenden Strategien

Nach dem jetzt unterzeichneten Lizenzabkommen ist die IBM berechtigt, Softbench auf allen eigenen Betriebssystemen zu nutzen. Was der einstige Schrittmacher des Marktes konkret vorhat, verriet er bislang nicht. Die offizielle Presseerklaerung legt jedoch die Vermutung nahe, dass die HP-Technologie nach AIX jetzt auch auf dem zweiten Workstation-Betriebssystem der IBM, naemlich OS/2, eingesetzt werden soll. Wie Peter Kirn, Direktor fuer Anwendungen und Architekturen bei der Stuttgarter IBM Deutschland GmbH, andeutet, ist dabei auch an den "OS/2-Nachfolger" gedacht, den IBM und Apple derzeit in ihrem Tochterunternehmen Taligent entwickeln.

Im Gegensatz zu AIX war OS/2 von Anfang an Bestandteil des Anwendungsentwicklungs-Konzepts AD/Cycle. Eine einheitliche Ausrichtung auf den Softbench-Toolbus bedeutet demnach einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zu der seit mindestens einem Jahr in Aussicht gestellten Integration der divergierenden Strategien AD/Cycle und AIX-CASE. Laut Kirn haben er und seine Mitarbeiter deshalb schon "seit Monaten" vom AD/Cycle-Labor in Cary

gefordert, eine Softbench-Lizenz fuer OS/2 zu erwerben.

Die Portierung der HP-Software auf das Nicht-Unix-Betriebssystem OS/2 stellt nach Einschaetzung des IBM-Managers kein Problem dar. Lediglich bei der Umstellung der Benutzeroberflaeche auf den "OS/2 Presentation Manager" muessten die Entwickler "Hand anlegen". Ein Zeitplan fuer die Portierung existiert derzeit jedoch noch nicht.

Unbeantwortet bleibt vorerst auch die Frage, auf welche Weise IBM ein LAN-Repository zur Verfuegung stellen will. Da Softbench keine eigene Metadatenbank anbietet, koennte, so Helmut Bentsche, Leiter Vertriebs-Marketing CASE bei der Hewlett-Packard GmbH in Bad Homburg, "theoretisch" auch ein Mainframe-Repository im Hintergrund arbeiten.

Laut Kirn soll der Mainframe kuenftig jedoch nur noch zur Konsolidierung dienen. "Die gesamte Anwendungsentwicklung spielt sich im LAN ab", konstatiert der IBM-Direktor. Die dafuer notwendige Repository-Technologie kommt von einem Third-party- Unternehmen.