Meerbuscher DV-Anbieter will sich mit OnyxMercator-Systemen profilieren

HPR-Übernahme: Schweres Erbe für Eurotech

19.08.1983

MEERBUSCH/ESCHBORN-Die Übernahme der HPR Computer GmbH durch die Deutsche Eurotech GmbH, Meerbusch (CW Nr. 33, Seite 1), wird offensichtlich nicht ohne zerbrochenes Porzellan über die Bühne gehen. Nachdem es Arger mit dem bisherigen Rechnerlieferanten. der Eschborner Mercator GmbH, gegeben hatte, wurde dieser nun offensichtlich von der eigenen Muttergesellschaft ausgetrickst. Nach Aussagen der Eurotech-Manager soll es bereits Zusagen des europäischen Onyx/Mercator-Präsidenten Herb Martin geben, daß die deutsche Tochter zugunsten des Eurotech-Abkommens kurzfristig ihre Türen schließen müsse.

Mit der Übernahme seines Unternehmens durch die Deutsche Eurotech hatte selbst HPR-Besitzer Gerhard Jörg nicht gerechnet. Doch das Meerbuscher Management, das sich seit knapp einem Jahr darum bemühte, die bislang von den Eschbornern vertriebenen Mercator-Produkte in ihren Angebotskatalog zu rücken, griff nach eigenen Worten "kurzentschlossen" zu. Daß sich aber die Eurotech-Bosse nicht ganz freiwillig in die Position eines Nachlaßverwalters begaben, scheint offensichtlich. So sind die Rheinländer dem Vernehmen nach schon seit langem dem Drängen ihrer Mutter, dem britischen Telefon-Multi Cable & Wireles, ausgesetzt, neben dem bisherigen Vertrieb von Communication-Technologie (Modems, Multiplexer) und Terminals, ein drittes Bein im deutschen Markt zu etablieren.

Der Druck der englischen Vordenker sei in letzter Zeit erheblich schärfer geworden, heißt es in Eurotech-Kreisen, nachdem vor allem andere europäische Schwestergesellschaften wie Frankreich und Italien die amerikanischen Mercator-Systeme recht erfolgreich absetzen konnten.

Als sich die Manager des deutschen Eurotech-Ablegers mit dem Geschäftsführer der Mercator GmbH, Anton Langelaar, an einen Tisch setzten, um Verträge über die Vermarktung des Small-Business-Rechners auszuhandeln, überwog auf beiden Seiten noch der gute Wille. Doch Differenzen folgten auf dem Fuß. Wie Eurotech-Vertriebschef Klaus-Dieter Rausch erklärt, lagen die "Unstimmigkeiten" vornehmlich in der Person von Langelaar. Der Mercator-Chef habe gegenüber den Meerbuschern "falsch gespielt", indem er weitere Distributoren ins Spiel brachte und maßgebliche Vereinbarungen nicht einhielt. Ärgert sich Rausch: "Wir hatten uns permanent nur mit Hü-Hott-Aussagen abzugeben." Als sich die Vertrauensbasis gegenüber den Eschbornern schließlich völlig auflöste, bekräftigt Eurotech-Geschäftsführer Walter Siebert, habe er unter Umgehung der deutschen Dependance nur noch mit dem Europa-Manager von Onyx-Mercator, Herb Martin, verhandelt.

Die Mercator GmbH, die hierzulande eine Vermittlerrolle zwischen den Distributoren und der amerikanischen Muttergesellschaft einnimmt, dabei Marketing- und Support-Beihilfe zu geben hat, war in ihrer Funktion scheinbar nicht sonderlich erfolgreich. "Die Unterstützung, die wir von Langelaar erhielten", echauffiert sich Rausch, "war eine einzige Katastrophe." Dies sei der maßgebliche Grund gewesen, sich von den Eschbornern zu trennen.

Mercator-Chef Langelaar sieht die Vorfälle indes in einem ganz anderen Licht. Es habe weder eine gemeinsame Gesprächsbasis mit den Eurotech-Bossen gegeben, noch konnten sie die notwendigen Verkaufserfolge aufweisen. Der Distributorenvertrag mit den Meerbuschern sei nach vierteljährlicher Dauer von ihm-und nicht von Siebert-im Januar "fristlos" gekündigt worden.

Nach der gescheiterten Ehe mit dem Langelaar-Team wollte sich das Eurotech-Management durch den Zusammenschluß mit der ebenfalls in Eschborn ansässigen Onyx GmbH eine Hintertür zu den Mercator-Systemen öffnen. Die Hintergründe dieses Agreements sind nur für Insider völlig durchschaubar: So hatte US-Anbieter Onyx im letzten Jahr Mercator aufgekauft und vertreibt neben den eigenen Small-Business-Rechnern auch die Mercator-Maschinen unter eigenem Label. Die Kompetenzen der ausländischen Töchtergesellschaften sind aber bis heute noch nicht im Detail abgesteckt. In einigen euroäpischen Ländern, so auch in Deutschland, wo Mercator-Produkte vertrieben werden, ist auch Onyx mit einer Dependance vertreten. Die Systeme überlappen sich in der Leistung und unterscheiden sich lediglich in der Wahl des Betriebssystems.

Durch den Zusammenschluß mit Onyx und der Übernahme der Mercator-Rechner von HPR sind nun beide Systeme Bestandteil der Eurotech-Produktpalette. Ein Konkurrenzverhaltnis zwischen beiden Maschinenfamilien sehen die Meerbuscher jedoch nicht: "Wir haben sowohl die Produkte innerhalb unseres Hauses als auch die Funktionen gegenüber der Onyx GmbH abgegrenzt", sagt Walter Siebert. Onyx werde noch in diesem Monat den Vertrieb in Eurotech-Hände legen, um fortan nur noch für die technische Unterstützung zuständig zu sein.

Beobachter der Bürocomputerszene wollen wissen, daß die Rheinländer mit der Übernahme der HPR-Aktivitäten kein leichtes Erbe angetreten haben. Der Deutschen Eurotech stünden zunächst die gleichen Probleme ins Haus, mit der auch HPR zu kämpfen hatte:

* Die zunehmende Verbreitung kommerzieller Mikros verursache starke Einbrüche in das traditionelle Bürocomputergeschäft.

* Die Kompatibilitätsprobleme beim Betriebssystem der Mercator-Rechner seien noch immer ungelöst.

Solche Schwierigkeiten betreffen nach Überzeugung von Geschäftsführer Siebert die Deutsche Eurotech nicht. Sein Unternehmen befinde sich in einer völlig anderen Situation als die HPR Computer GmbH. Die Eurotech-Gruppe verfüge in Europa inzwischen über die Erfahrung von annähernd 1000 Mercator-Installationen. Zudem stehe ihm ab Oktober ein neues Betriebssystem zur Verfügung, daß bereits in den USA im Einsatz sei und keinerlei Kompatibilitätsmacken aufweise.

Optimistisch ist auch Eurotech-Vertriebschef Rausch. Die Schwierigkeiten, die bei HPR mit den Mercator-Systemen auftraten, hätten ausschließlich am Jörg-Team gelegen. Dies sei nicht in der Lage gewesen, den US-Rechner "auf die Schiene" zu kriegen. Auch vor den Mikro-Attacken fürchtet sich Rausch nicht: "Wir leben als Zwitter zwischen den Personal Computern und den Nixdorfs und sehen hier weiterhin gute Absatzchancen."

Den Mißerfolg von HPR wertet der oberste Eurotech-Verkäufer denn auch nicht als eine Folge zunehmender Mikro-Konkurrenz. Die Ursachen seien vordergründig innerhalb der Firmen- und insbesondere der Vertriebspolitik der Eschborner zu suchen, wie Rausch in einer offiziellen Presseverlautbarung erklärte.

HPR-Geschäftsführer Jörg steht diesen Angriffen gelassen gegenüber. Er sei froh darüber, daß er mit der Deutschen Eurotech handelseinig werden konnte. "Das Damoklesschwert, das in Form eines vollen Lagers über mir schwebte, hat man von mir genommen", sagt der Eschborner Manager. Und in der Tat: Die Deutsche Eurotech will nicht nur die gesamten Maschinen- und Ersatzteilbestände aufkaufen, sondern hat sich nach eigenen Angaben auch dazu bereit erklärt, alle bisherigen HPR-Kunden weiterzubetreuen. Dazu gehöre die Verpflichtung, sich Anwendern anzunehmen, die sich als Härtefälle erwiesen haben, bestätigt Rausch.

Als Verlierer beim Eurotech-Poker gilt indes Mercator-Geschäftsführer Langelaar. Wie Siebert bestätigt, habe Onyx/Mercator-Präsident Martin "deutlich geäußert", die Eschborner Deutschlandzentrale zu schließen. Durch die Übernahme von HPR und einigen weiteren Zugeständnissen sei die Funktion der Mercator GmbH jetzt überflüssig geworden. Kommentiert Langelaar: "Davon weiß ich nichts."