High Performance Computing

HPE übernimmt Cray

20.05.2019
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Hewlett Packard Enterprise (HPE) will für rund 1,3 Milliarden Dollar den Supercomputing-Spezialisten Cray übernehmen. Damit verstärkt der Konzern nach dem Kauf von SGI im Jahr 2016 seine Ambitionen im Markt für High Performance Computing.

"Die Antworten auf einige der drängendsten Probleme unserer Gesellschaft sind in riesigen Datenmengen verborgen", kommentierte Antonio Neri, Präsident und CEO von HPE, die Akquisition von Cray. "Nur durch die Verarbeitung und Analyse dieser Daten werden wir in der Lage sein, kritische Herausforderungen in den Bereichen Medizin, Klimawandel und Raumfahrt in den Griff zu bekommen." Cray sei ein globaler Technologieführer im Bereich Supercomputing, sagte der HPE-Manager. Durch die Kombination von Teams und Technologien beider Hersteller eröffne sich die Möglichkeit, die nächste Generation des High-Performance-Computing (HPC) voranzutreiben.

Supercomputer versprechen aus Sicht der HPE-Verantwortlichen gute Geschäfte.
Supercomputer versprechen aus Sicht der HPE-Verantwortlichen gute Geschäfte.
Foto: Timofeev Vladimir - shutterstock.com

Die HPE-Verantwortlichen sehen im HPC-Geschäft offenbar einen lukrativen Zukunftsmarkt. Gerade im Umfeld von künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning werde der Bedarf an rechen- und datenintensiven Workloads weiter massiv ansteigen. Dem Hersteller zufolge könnte der globale HPC-Markt von 18 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr auf ein Volumen von 35 Milliarden Dollar im Jahr 2021 wachsen. Das bedeute eine jährliche Wachstumsrate von durchschnittlich etwa neun Prozent. Darüber hinaus dürfte HPE zufolge auch die Nachfrage nach Supercomputern im Exascale-Bereich weiter steigen. Das Management rechnet im Highend-Segment des HPC-Geschäfts mit einem Marktvolumen von rund vier Milliarden Dollar in den kommenden fünf Jahren.

Antonio Neri, CEO von Hewlett Packard Enterprise (HPE), glaubt, dass sich durch die Analyse von großen Datenmengen dringende Probleme der Menschheit lösen lassen.
Antonio Neri, CEO von Hewlett Packard Enterprise (HPE), glaubt, dass sich durch die Analyse von großen Datenmengen dringende Probleme der Menschheit lösen lassen.
Foto: Hewlett Packard Enterprise

Cray hat eine lange Tradition auf dem Technologie-Sektor des Supercomputing. Das Unternehmen wurde 1972 gegründet und ist in Seattle, Washington, beheimatet. Derzeit beschäftigt Cray etwa 1300 Mitarbeiter. Im zurückliegenden Geschäftsjahr erwirtschaftete der HPC-Spezialist einen Umsatz von knapp 456 Millionen Dollar, rund 16 Prozent mehr als im vorangegangenen Jahr. Unterm Strich stand jedoch ein Verlust von fast 72 Millionen Dollar. Ein Jahr zuvor hatte sich das Defizit sogar auf fast 134 Millionen Dollar belaufen.

Mit Shasta ins Exascale-Zeitalter

Aktuell arbeitet Cray neben den bestehenden Produktlinien der XC- und CS-Reihen an einer neuen Supercomputer-Generation - Codename "Shasta". Die Systeme seien von Grund auf neu designt und auf datenintensive Workloads ausgelegt worden, hieß es seitens des Herstellers. Shasta soll sich bis auf Exascale-Leistung skalieren lassen und auf Architekturebene die Grenzen zwischen Cluster-Systemen und Supercomputern auflösen. Anwender sollen in den Systemen verschiedene CPU-Plattformen wie x86, ARM und Graphic Processing Units (GPUs) sowie Interconnects wie das Cray-eigene "Slingshot", Intels "Omni-Path" und "Infiniband" von Mellanox, das erst im März für 6,9 Milliarden Dollar von Nvidia übernommen wurde, kombinieren können.

"Shasta" von Cray soll neue Exascale-Regionen in Sachen Rechenleistung erreichen.
"Shasta" von Cray soll neue Exascale-Regionen in Sachen Rechenleistung erreichen.
Foto: Cray

Cray hatte erst kürzlich bekannt gegeben, einen Vertrag über ein Volumen von 600 Millionen Dollar mit dem U.S. Department of Energy's Oak Ridge National Laboratory unterzeichnet zu haben. Das neue System mit dem Namen "Frontier" soll mit AMD-Prozessoren arbeiten und 2021 mit über 1,5 Exaflops an Rechenleistung ans Netz gehen. Im gleichen Jahr soll mit "Aurora" ein weiterer Cray-Rechner am U.S. Department of Energy's Argonne National Laboratory starten. Der Deal hat ein Volumen von 100 Millionen Dollar für den Supercomputing-Spezialisten.

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Aktuell ist Cray mit drei Systemen in den Top ten der Top500-Liste der leistungsstärksten Rechner der Welt vertreten - auf den Plätzen fünf ("Piz Diant") sechs ("Trinity") und neun ("Titan"). An der Spitze liegen zwei IBM-Rechner, gefolgt von zwei chinesischen Supercomputern. Der schnellste Rechner der Welt, "Summit" von IBM, kommt auf eine Rechenleistung von 143,5 Petaflops - ein Petaflops entspricht einer Billiarde Rechenoperationen pro Sekunde. Systeme im Exaflops-Bereich schaffen über eine Trillion Rechenoperationen in einer Sekunde. Neben Cray arbeiten auch IBM und die Chinesen an Exascale-Rechnern.

Nach SGI schnappt sich HPE nun Cray

HPE baut seit einigen Jahren seine HPC-Sparte aus. Im August 2016 hatte der Konzern überraschend bekannt gegeben, den Spezialisten Silicon Graphics International Corp. (SGI) für 275 Millionen Dollar zu übernehmen. Die beiden Hersteller waren die einzigen, die an der mittlerweile abgekündigten Itanium-Plattform von Intel festgehalten hatten.

Mit der Übernahme von Cray kann HPE sein Standing im HPC-Bereich weiter verbessern. Zuletzt war der Konzern in der Top500-Liste deutlich zurückgefallen. Im November 2018 kamen 45 Systeme im Ranking von HPE, sechs Monate zuvor waren es noch 79. Cray dagegen konnte im gleichen Zeitraum leicht von 49 auf 56 Supercomputer zulegen und hatte damit erstmals HPE überholt.