HP übernimmt EDS: Die Hintergründe

15.05.2008
Die sieben wichtigsten Fragen und Antworten zur Übernahme von EDS durch HP.
HP erwirtschaftete mit seiner Service-Division im ersten Quartal 2008 nur knapp 16 Prozent des gesamten Unternehmensumsatzes.
HP erwirtschaftete mit seiner Service-Division im ersten Quartal 2008 nur knapp 16 Prozent des gesamten Unternehmensumsatzes.

HP Services

EDS

IBM Global Services (zum Vergleich)

Umsatz* in Milliarden Dollar

17,3

22,1

54,2

Mitarbeiter

70 000

139 000

180 000

Umsatzwachstum*

8,1 Prozent

3,4 Prozent

12,2 Prozent

Was sind die Gundlagen der Fusion?

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HP übernimmt EDS für 25 Dollar pro Aktie. Die Vorbereitungen des Deals verliefen überraschend geräuschlos. Ob er von langer Hand geplant wurde, ist nicht bekannt. Unbestätigten Meldungen zufolge gab es im Oktober 2007 die ersten Gespräche. HP-CEO Mark Hurd soll seinem Pendant auf EDSSeite, Ronald Rittenmeyer, den Kauf des HP-Servicegeschäfts angedient haben. Insgesamt beläuft sich das Volumen auf 13,9 Milliarden Dollar. HP integriert EDS zwar ins Unternehmen, sorgt sich aber zugleich intensiv um Beständigkeit: Eine neue Geschäftseinheit am EDS-Firmensitz Plano in Texas unter Leitung des EDS-CEO Ronald Rittenmeyer verantwortet künftig sämtliche Outsourcing-Aktivitäten. Das ist ein wichtiges Signal sowohl an die EDS-Beschäftigten als auch an EDS-Kunden. Unter dem HP-Dach hat EDS im Auslagerungsgeschäft das Sagen.

Warum übernimmt HP den Konkurrenten EDS?

"Auf den Punkt gebracht: Mehr Umsatz", sagt Ben Pring, Analyst bei Gartner. Immerhin ist EDS im Servicemarkt nach IBM die weltweite Nummer zwei mit einem Jahresumsatz von 22,7 Milliarden Dollar. Doch nicht allein diese Mehreinnahmen polieren HPs künftige Bilanzen auf. "IT-Services spielen eine wichtige strategische Rolle, sie beeinflussen weitere Verkäufe", erläutert Pring. Servicekunden kaufen Hardware und Software, Fremdinstallationen lassen sich durch HP-Produkte ablösen, und die Kundenliste von EDS ist exquisit. Die Kombination mit dem HP-Servicegeschäft verspricht enormes Synergiepotenzial bei Menschen und Maschinen: Das dürfte ganz nach der Facon des HP-CEOs Mark Hurd sein. Von ihm ist der Satz überliefert: "Offshoring reduziert die Kosten, Automatisierung eleminiert sie."

Warum stimmt EDS der Übernahme zu?

EDS ist ein gesundes Unternehmen. Aus einer schwierigen Phase mit einer schmerzvollen Konsolidierung vor rund vier Jahren ist das Unternehmen deutlich schlanker und stärker hervorgegangen. Doch seitdem tut sich EDS schwer, die Wachstumsphantasie der Investoren zu wecken. Seit Mitte 2007 fiel der Aktienkurs, der Umsatz wuchs um bescheidene 3,4 Prozent und die Betriebsmarge verharrte bei sechs Prozent. Das ist zu wenig in einem Umfeld, in dem die Konkurrenz zum Teil zweistellig wächst. Das Management um Ronald Rittenmeyer hat den Ausbau in neue Geschäftsfelder wie BPO, Offshoring und SAP-Implementierungen zwar vorangetrieben. Erfolge in einer Größenordnung, die die Anleger befriedigt, haben sich aber nicht eingestellt.

Was erwartet die Mitarbeiter?

Im Servicesektor beschäftigen HP und EDS gemeinsam 210 000 Mitarbeiter, die einen Umsatz von 38 Millionen Dollar erzielen. Zum Vergleich: 180 000 IBM-Global-Service-Mitarbeiter haben im vergangenen Jahr 54 Milliarden Dollar eingefahren. Big Blues Verhältnisse lassen sich jedoch nicht ohne Weiteres auf das neue Konstrukt übertragen, weil IBM sehr viele Berater beschäftigt, die naturgemäß einen höheren Pro-Kopf-Umsatz erzielen. Die Zahlen geben aber Hinweise auf eine mögliche Größenordnung bei Stellenstreichungen.

Viele Analysten erwarten zudem einen kulturellen Konflikt.EDS-Chef Rittenmeyer gilt als zielstrebige, kontrollierte und an Resultaten interessierte Führungskraft, ist aber Schilderungen zufolge auch ein aggressiver Manager, der seine Untergebenen gerne feuert, wenn sie nicht strammstehen. HP pflegt bekanntermaßen einen einvernehmlichen Führungsstil.

Wie passen EDS und HP zusammen?

Das Abkommen zielt zunächst einmal auf Skaleneffekte im Infrastrukturbetrieb und weniger auf eine Ausweitung des Portfolios. Trotz großer Überlappungen in den Betriebsdiensten ergänzen sich beide Anbieter aber auch: EDS hat - von Kunden gerne als IBM-Alternative bestellt - Erfahrungen im Großrechnerbetrieb. HP ergänzt dies mit Client- und Server-Know-how.

Gemessen an den Offshoring-Kapazitäten hinken beide Partner der Konkurrenz hinterher. Fraglich ist, wie wichtig dies für ihr Geschäft ist: Günstige Arbeitskräfte in Niedriglohnländern drücken die Kosten in der Anwendungsentwicklung und -betreuung sowie im BPO-Geschäft. In diesen Bereichen sind beide Partner dürftig vertreten. Damit wäre auch die Schwäche des Paares genannt.

Welche Auswirkungen hat der Deal auf die Serviceindustrie?

Aus der Übernahme könnte aber ein Schwergewicht im IT-Servicemarkt mit großer Vertriebs- und erheblicher Leistungskraft hervorgehen. Um Infrastruktur-Deals konkurrieren HP und EDS künftig - wenn sie die Fusion erfolgreich betreiben - auf Augenhöhe mit IBM. Gefordert sind nun die indischen Anbieter. Mehr noch als bislang ist es an ihnen, lokale Dependancen in den USA und vor allem in Europa auszubauen. Auch Infrastrukturlastige Dienstleister wie T-Systems und CSC erwächst starke Konkurrenz. Spannend dürfte die Frage nach HPs Aktivitäten in Deutschland sein. Hier hat das lokale Management den Servicearm im Mittelstandssegment verankert. Einem mächtigen Player vom EDS-HP-Format drohen Akzeptanzprobleme der mittelständischen Klientel.

Welche Auswirkungen hat das Abkommen auf Anwender?

Die aktuellen Kunden müssen zunächst keine Qualitätseinbußen befürchten. Beide Parteien bemühen sich um Kontinuität und haben reichhaltige Erfahrungen mit Integrationen. Viele Kunden werden sich langfristig auf neue Ansprechpartner und andere Abläufe einstellen müssen. HP und EDS können künftig besser skalieren und bessere Preise bieten.

Allerdings gibt es für Anwender künftig eine Alternative weniger, wenn sie Auslagerungsprojekte ausschreiben. "EDS hat in der Vergangenheit viele Deals gewonnen, weil Anwender nicht IBM wollten", sagte Peter Allen vom Outsourcing-Beratungshaus TPI. Zudem läuft die EDS-HP-Kombination dem Trend zum selektiven Outsourcing zuwider. Doch EDS und HP können den Anwendern künftig enorme Leistungskapazitäten für das Cloud-Computing bereitstellen. Möglicherweise sind die Partner ihrer Zeit voraus. "Ist das Vorhaben Teil einer Vision, wie man Anwender künftig Computing-Ressourcen anbieten wird?", fragt Allen gespannt.