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HP-Spitzelskandal wird immer bizarrer

20.09.2006
Der Konzern soll geprüft haben, ob sich Informanten in Zeitungsredaktionen einschleusen lassen.

Die "Ermittlungen" der amerikanischen Medien in der HP-Spitzelaffäre weiten sich aus. Laut eines Berichts der "New York Times" soll der Konzern Machbarkeitsstudien in Auftrag gegeben haben, um zu prüfen, ob die kalifornischen Redaktionen des "Wall Street Journal" sowie des Online-Nachrichtenportals "Cnet" unterwandert werden können. Es sei angedacht worden, Büropersonal beziehungsweise Reinigungskräfte in den Redaktionen zu platzieren, um Erkenntnisse über den Presseinformanten im HP-Verwaltungsrat zu sammeln. Allerdings sei nicht klar, so die "New York Times", ob das Vorhaben jemals realisiert wurde.

Das Blatt meldete zudem, dass die beiden Spionage-Initiativen Anfang 2005 und 2006 intern mit den Codenamen "Kona I" und Kona II" bezeichnet worden sind. Das Ferienhaus von HPs Board-Chefin Patricia Dunn, die wegen der Angelegenheit im Januar 2007 vom Amt zurücktreten wird, befindet sich laut "New York Times" in einer Region namens Kona auf Hawaii. Abgerundet wird die Geschichte durch Berichte, wonach auch HPs ehemalige Chefin Carleton Fiorina mit ethisch und rechtlich fragwürdigen Ermittlungsmethoden bespitzelt wurde. Sie hatte Anfang 2005 kurz vor ihrer Entlassung die Suche nach dem Maulwurf eingeleitet.

Angesichts der hervorragenden Informationslage amerikanischer Zeitungen, die regelmäßig aus internen und externen Mails des Konzerns zitieren, stellt sich die Frage nach weiteren Lecks im HP-Management. Wie der Konzern damit verfahren wird, ist unklar. Zudem wird es für HP schwer, das Vertrauen der selbst von der Bespitzelung betroffenen Medien ("Wall Street Journal" und "Cnet") wiederzugewinnen. Derzeit haben sich die Redaktionen in den Fall verbissen. In der kommenden Woche werden HPs Chairwoman Dunn und die Justiziarin Ann Baskins vor einem Ausschuss des US-Repräsentantenhauses in der Sache aussagen. Bis dahin dürften die amerikanischen Medien den Fall weiter aufgeklärt haben. (ajf)