Dumping-Angebote schmälern den Gewinn

HP sieht bei Servern rot

11.10.2002
MÜNCHEN (jm) - Das fusionierte Unternehmen HP/Compaq hat einer internen Meldung zufolge große Probleme, seine Umsatzziele im Geschäftsbereich Enterprise Business Group (ESG) zu erreichen. Hierzulande wird die gesamte Vertriebsmannschaft vom verantwortlichen Manager Rainer Kaczmarczyk zu erheblichen Anstrengungen verpflichtet. Entlassungen wurden angedroht.

In einer internen Mitteilung an die Verkaufsmannschaft der ESG-Gruppe von HP neu, die der COMPUTERWOCHE vorliegt, äußerte sich der als HP-Geschäftsführer für den Unternehmensbereich ESG verantwortliche Rainer Kaczmarczyk in ungewöhnlich deutlicher Weise zu den wirtschaftlichen Problemen seines Geschäftsbereichs. Danach ist das Ergebnis für das vierte Quartal des laufenden Jahres "schlicht unakzeptabel". Die an die europäische Zentrale von HP gemeldeten Zahlen seien "weit unter Plan" und "weit unter Vorjahresniveau". "Permanente Abkündigungen im dritten Quartal" hätten dazu geführt, dass die ESG-Gruppe einen "sehr vorsichtigen Forecast" abgeben musste. Dieser aber sei von der europäischen Konzernzentrale nicht akzeptiert worden. Kaczmarczyk schreibt in seiner Mitteilung, dass selbst "dieser - sehr niedrige - Forecast auf wöchentlicher Basis weiter abgemeldet" werde. Auf gut Deutsch: Der für HP so wichtige Geschäftsbereich der Server - hierzu gehören Unix-, Linux- und Windows-basierende Server genauso wie fehlertolerante Maschinen der Himalaya-Linie - muss seine Umsatzerwartungen ständig zurückschrauben.

Im ESG-Bereich, so dessen Chef weiter, habe "Premerger HP" - also das ehemalige HP-Unternehmen ohne Compaq - im dritten Quartal lediglich 68 Prozent des anvisierten Planziels beim Umsatz erreicht. Damit liege man um 30 Prozent unter dem Ergebnis des vergleichbaren Vorjahreszeitraums.

Ganz unmissverständlich droht der Manager mit Personalmaßnahmen in seinem Verkaufsteam, sollten dessen Leistungen künftig nicht einträglicher ausfallen: Man werde sich sehr genau die "Performance aller Vertriebsbeauftragten" in der ersten Jahreshälfte sowie dem dritten und vierten Quartal anschauen. Klar sei, dass bei "fortlaufendem Misserfolg Auswirkungen auf unser Sales Team" die Folge wären. Kaczmarczyk unmissverständlich: "Wenn wir unsere Performance nicht deutlich verbessern, wird es unvermeidbar sein, über das bereits Angekündigte hinaus einen weiteren Stellenabbau durchzuführen!"

Jeder Einzelne sei jetzt gefordert und müsse Projekte kurzfristig zum Abschluss bringen. Absolut notwendig sei darüber hinaus, neue Investitionsvorhaben beim Kunden frühzeitig zu identifizieren. Jeder Einzelne werde vom neuen Management in die Pflicht genommen. "Die Zeit des Wartens und Diskutierens über neue persönliche Aufgaben ist vorbei. Jeder weiß, was zu tun und zu erreichen ist." Kaczmarczyk wollte auf Anfrage keine Stellungnahme abgeben.

Wie dem Unternehmen nahe stehende Quellen bezeugen, geht HP in der prekären Situation offensichtlich dazu über, Kunden Dumping-Preis-Offerten zu machen, wenn sie von Alpha-Servern auf Unix-Systeme wechseln. Insbesondere die von HP in die Fusion eingebrachten "Superdome"-Maschinen sollen auf diese Weise gefördert werden. Problem dabei: Bei den mit Kunden ausgehandelten Sonderangeboten "kann das Unternehmen keinen Gewinn mehr erwirtschaften", sagt ein mit der Materie befasster Informant. Kaczmarczyk sagte, ein Programm zum Wechsel von Alpha- auf Superdome-Systeme gebe es nicht.

Das deckt sich mit den Ergebnissen des dritten Quartals, die HP Anfang September meldete. Die Verluste im Bereich der Enterprise Systems waren erheblich. In diesem Unternehmenssegment fielen die Umsätze gegenüber 2001 gleich um 22 Prozent. Auch in Gegenüberstellung mit dem vorhergehenden Quartal verzeichnet das Unternehmen einen Umsatzrückgang von acht Prozent.