Weitere Schritte in Richtung Multivendor-Kommunikation:

HP setzt Ehrgeiz in X.25-Netzwerk-Lösungen

15.05.1987

GENF (bi) - Hewlett-Packards Engagement als Netzwerk-Anbieter auf der Basis von OSI-Normen und In Koexistenz mit SNA wurde jetzt auch für den europäischen Markt mit dem Announcement zweier neuer OSI-Kommunikations-Softwareprodukte bekräftigt. Hintergrund ist das Bestreben des ehrgeizigen Minianbieters, auch im aufstrebenden Markt der privaten Weitverkehrsnetze eine Rolle zu spielen.

Wie diese Rolle aussehen soll, wurde in Genf in groben Zügen vom General Manager der Information Networks Group, Wim Roelandts, skizziert. Dreh- und Angelpunkt des umfassenden Advance-Net-Angebots der Amerikaner speziell auch für den europäischen Markt ist der weltweit auf dem Vormarsch befindliche CCITT-Standard X.25. Unter dem Nenner Advance-Net bietet HP für die unternehmensweite Kommunikation eine Gesamtlösung in Form eines privaten Backbone-X.25-Netzes, samt Anwendungssoftware an. Schon im Frühjahr waren in Deutschland fünf "Netzwerkmodelle" präsentiert worden. Dies sind:

- das unternehmensweite Modell,

- das Verkaufs- und Kundendienstmodell,

- das Büro-/Verwaltungsmodell,

- das Modell für die integrierte Fertigung und

- das Modell für den Entwicklungsbereich.

Gezeigt wurden jetzt im Genfer Headquarter neben einem aus unterschiedlichen Hardware-Komponenten bestehenden HP-internen X.25-Netzknoten auch Netzwerkmanagementfunktionen und Programme zur Ermittlung der geringsten Übertragungskosten respektive der optimalen Verbindung.

Die Marketingleute nutzten das europäische Fachjournalistenforum darüberhinaus in erster Linie für das neue Annoncement zweier offenbar marktreifer Netzwerk-Softwareprodukte auf der Basis des OSI-Referenzmodells:

- HP-UX OSI/X.400 für die Unixbasierten HP 9000/Serie 300-Systeme und

- HP OSI/Session-Transport für HP-3000-Systeme unter dem HP-Betriebssystem MPE V.

Beide Produkte ergänzen die bestehende HP-Netzwerksoftware und den De-facto-Standard TCP/IP für einige der Session- und Transportfunktionen. OSI/X.400 wird laut HP im vierten Quartal den Kunden der 9000er Rechner zur Verfügung stehen; mit OSI/Session-Transport wird es etwas länger dauern, nämlich bis zum nächsten Jahr. Genauere Angaben wurden nicht gemacht. 5000 Dollar mindestens muß der OSI-Fan für die Advance-Net-HP-Produkte berappen.

X.400-Fähigkeit in einem realen Multivendor-Umfeld hatte HP auf der 9000 in diesem Jahr während der CEBIT gezeigt, und zwar in einer Demonstration, an der zwölf weitere Hersteller und die Bundespost ebenfalls via X.400 ihre OSI- und Multivendor-Fähigkeit unter Beweis zu stellen suchten. Das "neue" HP-3000-Produkt ist noch keine vollständige Sieben-Ebenen-Spezifikation; bis zur Ebene 5 ist aber das Fundament für eine Kommunikation nach Absprache mit Fremdprodukten geschaffen.

Multivendor-Fähigkeit ist auch ein Argument für das HP-Angebot einer X.25-Knoten-Konfiguration für ein privates, unternehmensweites X.25-Netz. Der eigentliche Vermittlungsrechner wurde von dem US-Unternehmen M-A Com entwickelt; sonstige Rechner, Software und Testequipment stammen im wesentlichen von HP. Mit 100000 Dollar bezifferte der europäische Marketing-Verantwortliche das "Starter Kit".

In Frage kommt eine derartige Investition für solche Unternehmen in der Bundesrepublik, die ein sehr hohes Datenverkehrsaufkommen haben. Ihnen gibt HP über die erwähnten Netzwerkmanagementfunktionen und Multiplexer (HP 2334A-Plus) Instrumente in die Hand, X.25 "herstellerunabhängig" auch über Standleitungen zu fahren und abhängig vom Datenvolumen den kostengünstigsten übertragungsweg zu nutzen. Bei geringem Volumen kann dies dann auch Datex-P sein.

Neben diesen Hard- und Software-Tools bot HP in Genf noch seine guten Dienste in Sachen weltweiter Support und Maintenance von privaten, unternehmensweiten Netzen an. "Computer sind dabei nur noch Endgeräte", pointierte Wim Roelandts die Richtung, in die HP jetzt steuert.