HP in Deutschland

21.02.1992

Nach Europa blickten die Gründer von HP, Bill Hewlett und Dave Packard, schon bald nach Kriegsende. Sie hatten schnell erkannt, daß sie neue und größere Märkte brauchten. Außerdem wußten sie, daß im Alten Kontinent ein großes Potential an Fachkräften vorhanden war. Und: Europa hatte nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges einen großen Nachholbedarf.

Unter diesem Aspekt entschied sich die Konzernspitze 1959 dazu, in Genf das erste europäische Vertriebszentrum einzurichten. Noch im gleichen Jahr wurde in Frankfurt eine Zweigstelle dieses Zentrums installiert. Zugleich wählten Hewlett und Packard Böblingen als Standort für eine Produktionsstätte aus.

Bereits zwei Jahre nach dem Start in der Bundesrepublik begann der erste Bauabschnitt eines Produktions- und Bürogebäudes im Böblinger Industriegebiet. Nach dem Aufbau einer eigenen Entwicklungsabteilung (1963) richtete das Unternehmen in den folgenden Jahren Vertriebsbüros im gesamten Bundesgebiet ein.

Anfang 1973 wurde die Firma Hupe + Busch in Karlsruhe-Grötzingen in den Konzern eingegliedert. Das Unternehmen hatte sich auf dem Gebiet der Flüssigkeits-Chromatographen einen Namen gemacht, Seitdem liegt die weltweite Zuständigkeit für diese Produkte im Rahmen der übrigen Aktivitäten in der chemischen Analysetechnik ebenfalls bei HP Deutschland. 1978 wurde ein Neubau in Waldbronn bei Karlsruhe bezogen.

Der Standort Böblingen umfaßt heute vier Werke, ein Vertriebszentrum sowie das neue seit Jahresanfang in Betrieb genommene hochmoderne Fertigungs- und Logistik-Zentrum - mit einem Investitionsvolumen von zirka 150 Millionen Mark das größte Projekt in der 30jährigen Geschichte der Hewlett-Packard GmbH.

Nach dem Fall der Mauer ging auch die Verantwortung für das Geschäft in der ehemaligen DDR von der Osteuropa-Zentrale in Wien auf die deutsche GmbH über. Die fünf neuen Bundesländer werden heute von einer eigenen Organisation mit der Zentrale in Berlin betreut. Mit einem Umsatz von 4,6 Milliarden Mark im Geschäftsjahr 1991 (31. Oktober) und 6200 Mitarbeitern ist die Hewlett-Packard GmbH die größte Auslandstochtergesellschaft des HP-Konzerns, und Deutschland stellt nach den USA und noch vor Japan den größten HP-Markt.

Die Quadratur des Kreises relativieren

"HP bedeutet keine Festlegung für alle Zeiten." Ob ein Satz wie dieser, von Thomas Fischer in seinem Artikel auf Seite 46 formuliert, für einen klassischen Hersteller gesicherten Umsatz "für alle Zeiten" bedeutet, darüber dürften nicht nur bei HP selbst unterschiedliche Meinungen bestehen. Dennoch wird immer deutlicher erkennbar, daß die Strategie, eine breite Palette beliebig austauschbarer Hardware-Plattformen anzubieten, der Garant dafür ist, als Systemintegrator und Generalunternehmer in ebendiesem Geschäft überleben zu können.

Wer diesen Trend und seine Unumkehrbarkeit in gelebte und in Hard- und Software gegossene Unternehmensphilosophie umsetzt und nicht nur in Marketing-Geklingel für gläubige User, der wird demnächst in der Tat im "Sturm des Wettbewerbs der offenen Systeme" segeln. Der kündigt sich an mit Brausen (und Heulen und Zähneklappern - sprich: gewaltigen Umsatzeinbußen beim Marktführer). Noch dümpelt auch bei HP, wie im nebenstehenden Interview nachzulesen ist, so mancher Altkunde im gemütlichen Fahrwässer des immer noch proprietären MPE/IX, hat aber gleichwohl "keine Angst vor Unix ". Warum denn auch, vertraut er doch seit Jahren den Zusicherungen seines Lieferanten.

Indes ist der künftige Unix-Braten wohl doch etwas anders angemacht. Und einige HP-Kunden riechen diesen Braten und warten ab. Zwar öffnet die Posix-Schnittstelle in MPE/IX die HP3000, aber diese "Supersache" von HP braucht (noch) kaum einer (siehe Seite 38). Schließlich bedeutet Unix nicht schon die ganze Offenheit, schließlich haben andere Hersteller auch schöne Unix-Kinder - ganz zu schweigen von den übrigen Stars der Offenheit wie Kommunikationsstandards etc., die auf allen Hochzeiten tanzen.

Relativieren und differenzieren ist das unbequeme Gebot der Stunde. Mag dem einen oder anderen Anwender Offenheit auch wie die Quadratur des Kreises erscheinen, eine relative Offenheit, wie zum Beispiel bei Dräger in Lübeck mit einem "Dräger-Offenen-System" realisiert, ist möglich - quod erat demonstrandum (siehe Seite 46).

Das HP-Rezept

Auf das Geheimnis der richtigen Mischung der berücksichtigten

Standards kommt es an und auf den richtigen Zeitpunkt ihrer Integration in die Produktphilosophie.