Doch keine Allianz gegen die Mips-Gruppe

HP: Die Kooperation mit Sun soll den Unix-Streit beenden

22.03.1991

HANNOVER/MÜNCHEN (gfh) - Das Ende des Unix-Dauerstreits ist in Sicht: So schätzt zumindest OSF-Mitglied Hewlett-Packard (HP) die Bedeutung seiner Zusammenarbeit mit der Sun Microsystems Inc. ein, die der gegnerischen Unix International Inc. angehört.

Der Grund für die Euphorie bei HP: Unter dem neutralen Dach einer dritten Organisation, der Objekt Management Group (OMG), entwickeln die beiden Unternehmen eine objektorientierte Entwicklungsumgebung, die an sämtliche Anbieter offener Systeme lizenziert werden soll. Dabei handelt es sich um eine Technik, die in offenen, vernetzten und heterogenen Rechnerumgebungen zur Verfügung stehen soll.

"Es geht darum, die bestehenden Gegensätze zwischen Unix International und dem OSF-Lager zu überwinden", widerspricht HP-Marketing-Leiter Thomas Dreller anderslautenden Aussagen seines Sun-Kollegen Gert Haas.

Der Marketing-Leiter von Sun Microsystems hatte die Kooperation als eine Reaktion auf die Mips-Koalition dargestellt, die einen Workstation-Standard auf Basis der Mips-Chip-Architektur etablieren möchte (siehe auch CW Nr. 10 vom 8. März 1991, Seite 1).

Dreller betont, daß keineswegs beabsichtigt sei, die von HP und Sun entwickelte Technologie unter Verschluß zu halten. Nach der Fertigstellung will HP als OSF-Mitglied diese Umgebung all jenen Herstellern anbieten, deren Systeme auf Basis des Unix-Betriebssystems OSF/1 und der verteilten DV-Umgebung DCE beruhen. Sun und die USL beabsichtigen laut Dreller die Integration dieser Technik in Unix V.4.

Allerdings beschränkt sich das Abkommen zwischen den beiden Workstation-Konkurrenten ausschließlich auf die Entwicklung des "Distributed Object Management Facility" (DOMF). Ein gemeinsames Marketing ist nicht vorgesehen. Drellers Zukunftsvisionen für DOMF will Sun-Marketier Haas daher für sein Unternehmen nicht in vollem Umfang bestätigen. Er räumt lediglich ein, daß "HP eine allgemeine Lizenzierung des Produkts in Aussicht stellt".

USL-Manager Chris Papayanis betont derweil das große Interesse der Unix-V.4-Entwickler an DOMF und äußert ebenfalls die Hoffnung, daß damit der Dauerstreit zwischen den konkurrierenden Unix-Lagern beigelegt werden könnte. OSF-Europachef Paul Wahl führt dagegen aus, daß die Initiative von Sun und HP die Aktivitäten seiner Gruppierung nicht beträfe, da sie sich vor allem mit objektorientierten Techniken auf der Ebene der Anwendungsentwicklung bewege. Die OSF-Techniken seien viel näher am Betriebssystem und am Netz-Management.

Der HP-Marketing-Leiter Dreller sieht das anders: "Wir gehen davon aus, daß die Open Software Foundation die von der OMG ausgewählte Technologie adaptieren wird. " Sein Argument: "Die OSF hat angekündigt, daß sie den X/Open-Empfehlungen eines Object Request Brokers' folgen wird, und X/Open arbeitet bei objektorientierten Techniken eng mit der OMG zusammen.