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HP/Compaq: Geriet Deutsche Bank in Interessenskonflikt?

24.04.2002
Am ersten Tag des Prozesses gegen HP geriet vor allem die Deutsche Bank ins Zwielicht: Sie beriet den Fiorina-Konzern seit Januar 2002, ihre Asset-Management-Tochter stimmte mehrheitlich für die Fusion mit Compaq.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Am gestrigen Dienstag ging das Verfahren von Walter Hewlett gegen Hewlett-Packard (HP) im Delaware Chancery Court in die erste Runde. Der Sohn von HP-Mitbegründer William Hewlett, wirft dem IT-Konzern vor, dass er die Anleger mit falschen Finanzdaten in die Irre geführt habe, um deren Plazet für die Fusion mit Compaq zu erlangen. Zudem seien einige Stimmen institutioneller Anleger auf nicht einwandfreie Weise gewonnen worden.

Klägeranwalt Stephen Neal legte Dokumente vor, denen zufolge HP die Deutsche Bank im Januar 2002 als Berater für die Fusion angeheuert und ihr im Falle eines erfolgreichen Mergers einen Bonus von einer Million Dollar versprochen hatte. Brisanz besitzt diese Vereinbarung wegen der 25 Millionen HP-Anteile, die die Deutsche-Bank-Tochter Deutsche Asset Management hält und von denen sie mit 17 Millionen für den Zusammenschluss der IT-Konzerne votierte.

Die Deutsche Bank dementierte, dass das Beratungsmandat von HP in irgendeinem Zusammenhang mit dem Abstimmungsverhalten ihrer Investment-Tochter stünde. Deutsche Asset Management habe allein im Interesse ihrer Kunden entschieden. Allerdings hatte das Unternehmen ursprünglich geplant, mit allen HP-Anteilen gegen die Fusion zu stimmen.

Erst nachdem HP-Chefin Carleton Fiorina und Chief Financial Officer (CFO) Bob Wayman kurz vor der Aktionärsversammlung am 19. März noch einen letzten Aufruf an die Deutsche-Bank-Tochter gestartet hatten, änderte der Finanzdienstleister seine Meinung (Computerwoche online berichtete). Hätte die Deutsche Asset Management gegen den Merger votiert, wäre die Aktionärsentscheidung mit 50,3 Prozent deutlich knapper für die Fusion ausgefallen als die letztendlich erzielten 51,4 Prozent.

Capellas hatte Zweifel an der Fusion

Hewletts Anwalt präsentierte zudem interne Dokumente, aus denen hervorgeht, dass sich die finanziellen Vorteile des Mergers nicht in dem Maße realisieren lassen würden, wie von HP und Compaq öffentlich propagiert wurde. In der E-Mail eines Mitarbeiters des HP-Controllings an Bob Wayman heißt es: "Der angehängte Bericht birgt erschreckende Wahrheiten ... Ich sehe wenig realistische Chancen und ich bin mit dieser Meinung nicht alleine. Ich hoffe ehrlich, dass wir alle bald damit beginnen, uns der Realität zu stellen." Fiorina entgegnete darauf, dass es sich bei den veröffentlichten Zahlen zu den Integrationskosten und Synergieeffekten um vorläufige Schätzungen gehandelt habe. Es wäre jedoch "unverantwortlich" gewesen, die neuen Hochrechnungen bekannt zu machen, da sie nicht das gesamte finanzielle Merger-Szenario wiedergegeben hätten.

Neal legte ferner einen Eintrag aus dem Kalender von Michael Capellas vor, in dem der Compaq-Chef die bis dato eingeleiteten Integrationsprozesse für wenig erfolgreich einschätzte. Wörtlich heißt es darin: "Bei unserem jetzigen Kurs und unserer augenblicklichen Geschwindigkeit werden wir scheitern." Offiziell hingegen pries das Management beider Firmen die begonnenen Maßnahmen. Compaq kritisierte die Vorlage dieses Kalendereintrags mit der Begründung, er sei aus dem Zusammenhang gerissen. Capellas habe sich dabei auf einen einzigen Aspekt und nicht den kompletten Merger bezogen.

Hewlett will mit seiner Klage bewirken, dass die Aktionärsabstimmung und damit die Fusion für ungültig erklärt wird. HP wird voraussichtlich Ende dieser Woche seine Verteidigung vor Gericht vortragen. (ka)