Paukenschlag aus Palo Alto

HP besinnt sich zurück aufs Enterprise

19.08.2011
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.

PC-Sparte auf dem Prüfstand

Dass das volatile und margenarme PC-Geschäft sich für nicht darauf spezialisierte Anbieter kaum rechnet, hatte IBM bereits vor sechs Jahren erkannt und seine PC-Sparte deswegen an den chinesischen PC-Bauer Lenovo abgegeben. Seither mehren sich die Zeichen, dass der PC an Bedeutung verliert - am deutlichsten ausgesprochen vom visionären Apple-Chef Steve Jobs, der bereits die "Post-PC-Ära" ausgerufen hat. Er meinte damit sehr wohl auch die eigenen Macintosh-Rechner. Das Computing findet zunehmend auf Smartphones und Tablets statt, die ihre Daten von Cloud-Diensten erhalten.

HP stellt nun seine PSG auf den Prüfstand und will das PC-Geschäft ganz oder teilweise ausgründen oder verkaufen, falls sich dafür ein Käufer finden sollte. Im letzten Geschäftsjahr war die Personal Systems Group gut für 40,74 Milliarden Dollar Umsatz oder rund ein Drittel der Gesamteinnahmen des Konzerns. HP lieferte 2010 mehr als 64 Millionen Rechner aus, laut IDC sind das etwa 18,5 Prozent des gesamten Weltmarkts.

Allerdings wächst der PC-Markt weltweit nur noch minimal. IDC nennt für das zweite Quartal eine Steigerung um 2,6 Prozent. In Westeuropa gab es laut Gartner sogar einen deutlichen Rückgang. Der scharfe Wettbewerb am Markt drückt auf die Preise und Margen. Als Daumenregel gilt, dass Hersteller wie HP mit PCs auf eine Gewinnmarge von zwei bis sechs Prozent kommen können. Bei Apple mit seiner Premium-Hardware schätzen Analysten die Marge allerdings auf irgendwo in der Mitte zwischen zehn und 20 Prozent.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich Verbraucher inzwischen eher für Geräte wie das iPhone und das iPad erwärmen als für Notebooks, die zuletzt das PC-Business getrieben hatten. Die portablen Geräte reichen für das aus, was die meisten Endkunden tun - im Web surfen und einfache Spiele spielen. Aber auch im Business taugen sie durchaus für Präsentationen und dergleichen. Im Conference Call zu seinen letzten Quartalszahlen hatte Apple erklärt, 91 Prozent der Fortune-500-Konzerne hätten das iPhone im Einsatz oder getestet; beim iPad-Tablet liege der Prozentsatz bereits bei 86 Prozent.

Dieser Entwicklung zollt nun offenbar auch HP Tribut. "HP ist der größte PC-Verkäufer weltweit. Aber sie sind zu dem Schluss gekommen, dass das rückwärtsgewandt ist und sie nach vorn schauen müssen", erklärte der frühere Microsoft-Manager und jetzt Venture Capitalist Brad Silverberg gegenüber dem "Wall Street Journal". Die Ankündigung von Hewlett-Packard sei "eine Plattenverschiebung" und ein weiterer Hinweis auf eine Post-PC-Welt.

Dabei hat sich HP zuletzt, etwa im Wettbewerb mit Dell, wahrlich gut geschlagen. Aus Sicht des früheren Apple- und HP-Managers Jean-Louis Gassée, inzwischen wie Silverberg im Wagniskapitalgeschäft, ändert das aber nichts an dem grundlegenden Problem, dass man mit PCs kaum Geld verdienen kann. "Das ist strukturell, nicht schlechtes Management", sagt Gassée. "Ein kompetenter Manager könnte ein oder zwei Punkte Profit-Marge mehr herausholen, aber deswegen ist das trotzdem kein Business. Das ist Commodity."

Dass man auch mit PC-Hardware sehr ordentliche Gewinne einfahren kann, hat zuletzt immer wieder Apple - inzwischen vor ExxonMobil die Firma mit der höchsten Marktkapitalisierung - unter Beweis gestellt - im zuletzt abgeschlossenen Quartal waren es 7,3 Milliarden Dollar bei 28,57 Milliarden Dollar Umsatz aus unter anderem Rekordverkäufen von iPhones, iPads und Macs. Apple mit seiner "Closed Loop" kontrolliert allerdings seine Hardware und die Software dafür und hat vor allem ein Ökosystem aus Zusatzdiensten wie dem iTunes-Store aufgebaut, über den es Musik, Filme und Programme verkauft. "So gut und sexy ihre Hardware auch ist, sie benutzen sie oft als Vehikel, um Umsatz für ihre Services zu generieren", erläutert Gartner-Analyst Mark Margevicius. "Das öffnet die Tür für mehr Geschäft und erzeugt kontinuierliche Umsatzströme."