Hordentrieb

12.02.1982

Der amerikanische Filmregisseur Sam Peckinpah läßt in einem seiner bekanntesten Western (Originaltitel: "The wild Bunch", zu deutsch: "Die wilde Horde") die Hauptakteure gnadenlos zusammenschießen. In der DV-Szene soll´s, glaubt man Wall-Street-Experten, bald zugehen wie im Kino.

Renommierte Branchenauguren wie die New Yorker Anlageberater "Paine Webber Mitchell Hutchins" lenkten die Aufmerksamkeit auf jene "Traditionsmainframer", die die Computerwelt seit jeher mit IBM-Alternativen zu erobern trachten: Burroughs, Univac, NCR, CDC und Honeywell - oder: The BUNCH, nach den Anfangsbuchstaben der Herstellernamen. Da warnt Paine-Webber-Mitarbeiter Sanford Garrett: "Alle Großcomputerhersteller, mit Ausnahme von IBM, müssen auf Grund der unsicheren Wirtschaftslage mit Schwierigkeiten rechnen."

Nun bedarf eine so pauschale Beurteilung einer eingehenden Analyse. Erste Anmerkung: Es stimmt zwar, daß sich die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen so verschlechtert haben, daß erstmals auch die Computerindustrie in Mitleidenschaft gezogen wird. Nur stimmt eben auch, daß die traditionellen IBM-Wettbewerber an ihrer eigenen Misere nicht ganz unschuldig sind. Die "BUNCH"-Liste, dies zweitens angemerkt, enthält nämlich vier Namen, die für eine konservative Produktpolitik stehen.

Burroughs, Univac, NCR und Honeywell haben sich zu lange auf Technologie-Lorbeeren ausgeruht, um heute für einen von IBM und den Steckerkompatiblen umworbenen Anwender noch sonderlich attraktiv zu sein. So hilft gegen das Peckinpah-Syndrom nur der Glaube, der Markt wolle keine IBM-Monokultur.

Wunderkind

Wie ein Kind unter Greisen, auserkoren, die ganze Last der Verantwortung für das Wohl und Wehe dieser Volkswirtschaft auf seinen schmalen Schultern zu tragen, so kommt sie einem vor, die zehn Jahre Junge Wissenschaft der Informatik im Kreise ihrer Uraltnachbarn, der Physik, der Mathematik und all der anderen Zelebritäten und Magnifizenzen. Dem heißumworbenen, altklugen Kinderstar im Bildungskarussell aber unter die anämischen Ärmchen greifen, das wollen diese stocksteifen alten Herren nicht, eifersüchtig auf ihre angestammten Pfründe starrend. Da scheint es einfacher, dem frühreifen Bürschlein in Gestalt des Numerus clausus eine hochleistungsheischende, elitezüchtige Gouvernante ins Geschirr zu spannen, damit das Kind erst gar nicht an Pferdestärken gewöhnt werde.

So weit ist es aber noch gar nicht. "Umwidmung" heißt die bittere Medizin, die die Gesellschaft für Informatik (GI) den Hochschulen verschreibt, um damit ihren genialen Zögling so zu stärken, daß er schließlich auch die motorischen Leistungen vollbringen, die für das Wirtschaftswachstum von ihm erwartet werden (siehe Seite 4: "Numerus clausus bedroht Wettbewerbsfähigkeit"). Ein angenommener Bedarf von Jährlich 4000 Diplom-Informatikern soll gedeckt werden. Zur Zeit kommen auf einen Informatik-Professor 90 Studenten, in den USA liegt das Verhältnis, berichtet die GI, bei eins zu zehn. Die 134 akademischen Lehrer der Informatik in der Bundesrepublik können zur Zeit vielleicht die Hälfte des Bedarfs decken. Daß die anrainenden Lehrstuhlbesitzer freiwillig auf Postamente verzichten, ist unwahrscheinlich. Bleibt nur die Möglichkeit, peu á peu umzubesetzen - und hoffen auf ein Wunder.