Honeywell schwenkt bei Multics auf Migrationsstrategie ein, aber:Benutzer lassen harte Kritik laut werden

25.04.1986

DETROIT (CWN) - Skeptisch reagierten die Benutzer des Honeywell-Produkts "Multics" auf die Ankündigung des Herstellers, den Support für das Betriebssystem einzuschränken. Über Multics-ähnliche Features, die in ein neues Produkt einfließen sollen, wollten sich Unternehmenssprecher bislang nicht äußern.

Die erste Komponente der neuen Produktlinie soll Honeywell zufolge noch vor der offiziellen Freigabe auf der National Computer Conference (NCC) im Juni demonstriert werden. Die Benutzer zeigen sich gegenüber der Entwicklung allerdings skeptisch. Probleme sehen sie vor allem in der Migration von den 36-Bit-Systemen des Herstellers, die sie gegenwärtig einsetzen, zu den 32-Bit-Produkten, die für viele User noch Neuland darstellen.

Auch anläßlich eines Treffens der Honeywell Large Systems User Association (HLSUA) mit Repräsentanten des Herstellers wurde Kritik an der Multics-Politik von Honeywell laut.

Einer Tonbandaufnahme zufolge, die die COMPUTERWORLD von einem Teilnehmer erhielt, versuchten die Vertreter des Anbieters wiederholt, ein kooperatives Klima aufkommen zu lassen. Ins Feld geführt wurden vor allem Argumente dafür, daß Honeywell so viele Multics-Features wie nur möglich übernehmen wolle.

Die Kunden allerdings scheinen nicht bereit, diesen Versprechungen ohne weiteres Glauben zu schenken. Zu oft habe Honeywell in der Vergangenheit Pläne plötzlich geändert und Zusagen nicht eingehalten.

Einen fast makabren Anstrich bekam die Tagung durch das Auftreten einer Gruppe von Anwendern, die schwarze Armbinden trugen - als Zeichen der Trauer für das zum Sterben verurteilte Betriebssystem, wie es hieß. Mit der Migrationsstrategie des Herstellers wollten diese User sich unter keinen Umständen einverstanden erklären. Gefordert wurde vielmehr die Möglichkeit, daß ein Drittanbieter die Multics-Aktivitäten übernehmen könnte.