Polymerfaser gegen Dendriten

Honda will vor 2030 ein Auto mit Feststoffbatterie produzieren

03.11.2022
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Noch vor Ende des Jahrzehnts will Honda ein Elektroauto mit Feststoffbatterie auf den Markt bringen. Die Akkus sollen günstiger und leistungsfähiger sein, als die heute verwendeten.
Noch hinkt Honda in Sachen E-Mobilität hinterher und hat mit dem Honda e nur ein E-Modell im Programm. Doch die Japaner arbeiten fieberhaft an einer Feststoffbatterie als Game Changer.
Noch hinkt Honda in Sachen E-Mobilität hinterher und hat mit dem Honda e nur ein E-Modell im Programm. Doch die Japaner arbeiten fieberhaft an einer Feststoffbatterie als Game Changer.
Foto: Mike Mareen - shutterstock.com

In Sachen Elektromobilität schien Honda lange Zeit abgehängt zu sein. Mit dem Honda e hat man lediglich einen Elektro-Kleinwagen mit bescheidener Reichweite im Programm. Und um im gefragten SUV-Segment mitspielen zu können, mussten die Japaner eine Kooperation mit General Motors eingehen. Auf Basis der GM-Plattform Ultium und unter Verwendung eines GM-Antriebes sowie der OnStar-Technologie soll 2024 der Elektro-SUV Prologue auf den Markt kommen.

Neuer Batterietyp für E-Autos

Dennoch gibt sich der Autobauer nicht geschlagen. So preschte Honda jetzt mit der Ankündigung vor, bis Ende des Jahrzehnts ein E-Auto mit Solid-State-Batterie - hierzulande auch als Feststoff- oder Festkörperbatterie bezeichnet - auf den Markt zu bringen. Eine erste Pilotlinie zur Produktion dieses Batterietyps soll, wie ars Technica berichtet, 2024 an den Start gehen. Hat Honda damit Erfolg, könnte, so Shinji Aoyama, Hondas globaler Leiter für Elektrifizierung, 2028 oder 2029 ein erstes Auto mit Feststoffbatterie folgen.

Das Dendritenproblem

Auf dem Papier spricht vieles für Hondas Ansatz, denn Feststoffbatterien sind im Vergleich zu den derzeit bei BEVs verwendeten Akkus potenziell billiger, sicherer, schneller zuladen und speichern mehr Energie. Allerdings haben sie keine lange Lebensdauer, da sie noch stärker als die derzeit verwendeten Lithium-Akkus mit dem Dendritenproblem zu kämpfen haben. Darunter versteht man das chemische Phänomen, dass beim Aufladen an der negativen Elektrode langsam astartige Auswüchse entstehen. Wachsen diese bis zur Gegenelektrode, entsteht ein zellinterner Kurzschluss - was bei Lithium-Ionen-Akkus zum Brand führen kann.

Honda hofft, dieses Problem nun mit einem Trick zu umgehen: Die Festelektrolyten werden mit einem Polymergewebe ummantelt. Das Gewebe befindet sich zwischen dem Elektrolyten und den positiven und negativen Elektroden. Alle diese Elemente werden gewalzt statt gestanzt, was dem Unternehmen nach Ansicht von Honda eine bessere Kontrolle über die Dicke der einzelnen Batterien ermöglicht. Sowohl die Beschaffenheit des Polymergewebes als auch die Höhe des Drucks, den Honda mit seiner Walzpresse anwendet, sind urheberrechtlich geschützt.

Polymergewebe als Lösung?

diese Pufferschicht aus Gewebe soll die Bildung von Dendriten verhindern, ohne die Leistungsfähigkeit der Batterie zu beeinträchtigen. Bei den heute gebräuchlichen Lithium-Ionen-Akkus sind die Lithium-Ionen in Graphit eingelagert, um Dendriten vorzubeugen. Dies erhöht aber das Volumen und Gewicht der Akkus erhöht, was bei BEVs die Reichweite entsprechend sinken

Sollte es Honda gelingen, als erster Hersteller serienreife Feststoffbatterien im industriellen Maßstab zu produzieren, so hätte das Unternehmen im BEV-Spiel ein entscheidendes Trumpf-Ass im Ärmel: Man könnte die eigenen Fahrzeuge - sowohl Autos als auch Motorräder - trotz leistungsfähigeren Batterien günstiger als die Konkurrenz vermarkten. Und aus finanzieller Sicht bietet sich noch eine andere lukrative Nutzung an: Der Verkauf der Technologie an Partner und andere Autohersteller.