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Digital-Chef ausgewechselt

Holtzbrinck erwägt Verkauf der VZ-Netzwerke

09.05.2011
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck schließt einem Medienbericht zufolge einen Verkauf der VZ-Netzwerke nicht mehr aus.

Markus Schunk, neuer Chef der Digitalsparte von Holtzbrinck und zugleich Prokurist der Verlagsgruppe, deutete im Gespräch mit der "Financial Times Deutschland" (FTD) weitere Umbauten an. Sogar einen Verkauf der Onlinenetzwerke um StudiVZ schloss er nicht mehr aus. Die in Deutschland einst marktführenden Netzwerke rund um StudiVZ, die Holtzbrinck 2007 für gerüchtehalber 85 Millionen Euro gekauft hatte, verlieren beständig Mitglieder - primär an den Branchenprimus Facebook.

Schunk ist Nachfolger von Johann Butting, der gerade einmal ein halbes Jahr an der Spitze der Beteiligungstochter Holtzbrinck Digital gestanden hatte. Butting betreut seit Anfang Mai für Holtzbrinck ein Entwicklungsprojekt in den USA und bleibt Mitglied der Geschäftsführung der Verlagsgruppe.

In den vergangenen Jahren hatte Konzernchef Stefan von Holtzbrinck laut "FTD" das Onlinegeschäft stark ausgebaut. Holtzbrinck Digital steuerte zuletzt etwa neun Prozent zum Gesamtumsatz von 2,3 Milliarden Euro bei. Viel Geld verdient Holtzbrinck dabei mit reinen Finanzbeteiligungen: So hat der Konzern in jüngerer Zeit etwa seinen Minderheitsanteil am Schnäppchendienst Citydeal an das US-Vorbild Groupon verkauft und die Beteiligung an der Shoppingplattform Brands4Friends an eBay veräußert. Die Erlöse aus solchen Deals liegen weit im dreistelligen Millionenbereich.

Einer Studie des Branchenverbands BITKOM zufolge sind fast die Hälfte der deutschen Internetnutzer bei Facebook, aber nicht einmal mehr ein Drittel von ihnen bei den VZ-Netzwerken. Schunk will nun versuchen, die rückläufigen Nutzerzahlen "auf einem hohen Niveau zu stabilisieren". 2010 sei der Umsatz der VZ-Gruppe um 90 Prozent auf über 30 Millionen Euro gestiegen. 2011 sollen sie profitabel sein.

Womöglich sieht Holtzbrinck nun einen guten Zeitpunkt für den Ausstieg: "Trotz der verstärkten Wettbewerbssituation sehen wir uns als VZ gut aufgestellt und prüfen aus dieser Situation heraus alle strategischen Optionen", so Schunk weiter zur "FTD". Zuversichtlich stimmten dabei die hohen Bewertungen, die man im Markt sehe.

Ironie des Schicksals: 2008 hatte der Holtzbrinck die Chance ausgeschlagen, StudiVZ an Facebook zu verkaufen und im Gegenzug vier Prozent an dem globalen Netzwerk zu bekommen - solch ein Anteil wäre heute bis zu 2,8 Milliarden Dollar wert. Eine solche Gelegenheit dürfte Konzern nie wieder bekommen. Schunk betonte gegenüber der "FTD", dass es zahlreiche andere Optionen gebe. Das könnten auch Kooperationen sein, die eine interessante Perspektive sehen.