PPS-System unter Unix

Hohe Sicherheit spricht für den Einsatz von dezentralen Systemen

30.10.1992

Produktionsplanung ist wie jede längerfristige Planung üblicherweise zentral gesteuert. Warum stieg das Fertigungsunternehmen Popp auf dezentrale Systeme um? Dafür sprachen die guten Erfahrungen, die das Unternehmen mit seinem dezentralen CAD System unter Unix machte.

Weitere Vorteile sind, so Fritz Jörn*, höhere Ausfallsicherheit und kurze Responsezeiten auch bei großen Datenmengen.

Bei der Produktauswahl stand vor allem der Wunsch nach Kompatibilität im Vordergrund. Von der Konstruktion über die Rohmaterial- und Fertigläger bis hin zu den einzelnen Maschinen und Vorrichtungen sollte alles vernetzt werden. Nach früheren Erfahrungen mit einem zentralen System setzten die Verantwortlichen konsequent auf offene Standardsysteme und eine SQL-Datenbank, auf die alle Teilsysteme zugreifen können. "Wir sind sogar bereit, Organisationsanpassungen zu machen, wenn wir herstellerunabhängige Hard- und Software bekommen", meint Eberhard Beier, technischer Direktor der Popp Licht + Schaltertechnik GmbH in Bad Berneck. Schnell war klar, daß dies nur mit dem Betriebssystem Unix möglich sein würde.

Bei Systemen, die die Firma Popp schon im Vorfeld für die Produktionsplanung und -Steuerung untersuchte, waren zum Teil bereits bei Rechnerausbau innerhalb einer Familie der eines Herstellers Peripheriegeräte auszuwechseln. So bot Siemens mit BS 2000 zwar in durchgängiges Betriebssystem, Erweiterungen forderten aber neue Rechner, neue Drucker und neue Terminals. Auch IBM-Systeme waren für PPS im Gespräch, konnten aber zu der Zeit nicht die gewünschte Kompatibilität aufweisen. "Ich wünschte mir, wir hätten die RS/6000 an die HP-Terminals anschließen können", sagt dazu Beier.

Sicherheitsüberlegungen, so Beier, sprechen für dezentrale Lösungen. Fehler und Ausfälle

halten sich in fest umrissenen Grenzen, und einzelne Fertigungszellen arbeiten auch,

wenn das Netz einmal ausfällt.

Auf komplizierte Doppelrechner-Lösungen, wie sie bei Systemen mit Zentralrechnern nötig

sind, konnte Popp verzichten." Ein zentraler Rechner kann die Unmengen an Daten gar nicht mehr verarbeiten beziehungsweise braucht zu lange", erklärt Beier.

In dem dezentralen Netz findet die Hauptarbeit vor Ort statt. "Wir sehen die Produktionsplanung zunächst als Koordinationsinstrument", meint Beier. "Die Feinplanung findet in der Produktion statt." Auf Leitrechnerebene werden in einer elektronischen Datentafel die Bearbeitungvorschläge fixiert, die für die Produktion verbindlich sind. Die Detailsteuerung findet am Fertigungsort statt. "Mit einer dezentralen Datenverarbeitung sind wir näher am Ort des Geschehens. Eine übergeordente Detailsteuerung wäre dazu viel zu schwerfällig", sagt Beier. Deshalb sollen die dezentralen Rechner einen möglichst großen Anteil der Datenverarbeitung übernehmen .

Das Team der Firma Popp besuchte die CeBIT '89 und fand an der modularen Software von Strässle Gefallen. Nur eben: Die PPS-Software gab es damals noch nicht auf Unix.

Nach dem Kauf von RISC-Rechnern begann Anfang 1991 die Speicherung der Stücklisten und Arbeitspläne, nachdem das Unternehmen über ein Jahr auf die Unix-Software gewartet hatte. Danach folgte die Eingabearbeit von rund zwei Mannjahren, um bereits vorhandene Artikel in die Datenbank zu bekommen. Ab September 1991 konnte bereits aktiv darauf zugegriffen werden.

In der Konstruktion arbeiten zwölf CAD-Anlagen, zwei weitere sollen dazukommen. Stücklistenwesen, Materialwirtschaft, Kapazitäts- und Zeitwirtschaft, Vorfertigung und Fertigung sind heute vollständig an das System angeschlossen, die mehrstufige Endmontage wird sukzessive eingegeben. Bestellungen für Fremdteile werden nach den Vorschlägen des Systems von den Einkäufern bearbeitet, an die Lieferanten gegeben und überwacht.

Das PPS-System, das auf einer Oracle-Datenbank realisiert ist, läuft auf einem Rechner HP 9000 835 S mit 1,1 GB Festplatte. Über Ethernet sind die CAD-Arbeitsplätze und die Konstruktion, die Fertigungsleitrechner und Drucker angeschlossen. Das geplante Novell-Netz "PC-Support" soll die Unix-Welt und die IBM-Welt verknüpfen. Darüber werden alle angeschlossenen Rechner - entsprechende Zugangsrechte vorausgesetzt - sowohl auf die AS/400 als auch auf den PPS-Rechner zugreifen können. Ein 486er PC mit zwei GB Festplatte ist als Netzwerk-Server vorgesehen.

Um die Lagerhaltung weiter zu optimieren, ist ein Absatzprognosesystem geplant, das die Umsatzzahlen der vergangenen Jahre hochrechnet und den zu erwartenden Auftragseingang vorhersagt. Die Ausgangsdaten kommen dabei von der AS/400 die Prognosedaten werden an das PPS-System übergeben.