Mit Georg Thaler, CIO bei Klöckner & Co. sprach CW-Redakteur Hans Königes

Hohe Produktivität erfordert auch eine hohe Qualifikation

28.02.1992

CW: Ihr Ziel ist, Hardware- und Betriebssystem-Unabhängigkeit bei der Klöckner & Co. AG zu erreichen. Wie verändern sich dadurch die Qualifikationsanforderungen an die DV-Mitarbeiter?

Thaler: Für uns bedeutet Hardware- und Betriebssystem-Unabhängigkeit vor allem Portabilität unserer Anwendungssoftware von einer Hardware beziehungsweise von einem Betriebssystem zum anderen. Dies erfolgt bei uns im wesentlichen durch den Einsatz der offenen integrierten Software-Architektur der Software AG, Darmstadt. Neben bedeutenden anderen Vorteilen ermöglicht dies eine einheitliche Software-Entwicklungsumgebung, auf der alle Software-Entwickler unter optimierten Bedingungen von Anforderungsanalysen bis zur Softwarewartung ihre Entwicklungsleistungen erbringen. Aus dieser Entwicklungsumgebung wird Anwendungssoftware auf individuell und selektiv ausgewählte Zielsysteme (Rechner/Betriebssysteme) portiert.

Vor diesem Hintergrund haben sich die Qualifikationsanforderungen an die Software-Entwickler folgendermaßen verändert:

- Hardware-spezifisches beziehungsweise Betriebssystem-spezifisches Know-how ist nicht mehr so wichtig, das heißt zum Beispiel, daß über MVS oder Unix nur mehr Grundkenntnissen, nicht jedoch Spezialkenntnisse zwecks Berücksichtigung in der Software-Entwicklung erforderlich sind. Die bisher bei Systemwechseln erforderlichen spezifischen Kenntnisse zur Vorbereitung von Anwendungssoftware-Portierungen erübrigen sich, denn dieses Spezial-Know-how wird in unserem Falle von der SAG über Lizenzgebühren besorgt.

- Im Hinblick auf die angestrebte hohe Produktivität in der Software-Entwicklung wird bei der Handhabung der 4GL-Programmiersprache, beim Datenbankdesign und bei der Anwendung der einheitlich festgelegten CASE-Tools eine hohe Qualifikation angestrebt.

- Vor allem aber verschiebt sich die Qualifikation der Mitarbeiter von den reinen Kodierkenntnissen zur Fähigkeit, Gesamtproblemlösungen von der Analyse bis zur Implementierung von Informationssystemen in unseren Geschäftsbereichen zu realisieren. Dies erfordert unter anderem auch die Fähigkeit, Arbeitsabläufe zu analysieren und mit Hilfe von Informationssystemen effizienter zu gestalten, angebotene Standardsoftware-Lösungen zu beurteilen und gegebenenfalls aus eigener Hand Informationssysteme zu konzipieren und selbständig zu realisieren.

CW: Für jeden Geschäftsbereich in der DV haben Sie einen eigenen Informations-Manager. Welche Voraussetzungen muß er mitbringen? Was bedeutet letztlich erfolgreiches Informations-Management?

Thaler: Bei uns obliegt laut Stellenbeschreibung dem Informations-Manager die "zielstrebige Weiterentwicklung von geschäftsbereichsspezifischen Informationssystemen. Er unterstützt den von ihm betreuten Unternehmensbereich bei der Erreichung der kurz- und langfristigen Zielsetzungen mit Hilfe der Informationstechnik." Hieraus ergeben sich folgende Besonderheiten für das Anforderungsprofil:

- Fachkompetenz in Informationstechnik ist selbstverständIich, allerdings muß der Informations-Manager sich nicht nur in IT, sondern vor allem in seinem Geschäftsbereich gut auskennen - beides betrachten wir als ein erlernbares Know-how.

- Der Informations-Manager ist weniger ein Fachspezialist als vielmehr ein Generalist, das heißt, die organisatorisch-personale Kompetenz steht im Vordergrund.

- Der Informations-Manager ist weniger ein Verwalter von Informationssystemen als vielmehr ein "Vorwärtsdenker und Motor, der es sich zur Initiativpflicht macht, Lösungsvorschläge zur Unterstützung der Geschäftstätigkeit mit Hilfe der Informationstechnik zu unterbreiten und zu realisieren beziehungsweise deren Realisierung zu managen". Vor allem deshalb ist der Informations-Manager nicht einfach ein umgetaufter DV-Leiter, der bestimmte Dienstleistungen auf Bestellung zu erbringen hat. Deshalb wird mit Recht in das Informations-Management (IM) die Hoffnung auf Veränderung und Verbesserung gesetzt.

- In einem arbeitsteilig organisierten Großunternehmen hängen die Erfolgschancen eines Informations-Managers ganz wesentlich von seiner internen und externen Kommunikationsfähigkeit ab. Insbesondere die "Chemie" zum Linien-Management und Controlling des von ihm betreuten Geschäftsbereiches muß stimmen.

- Kennzeichnend für seine Rolle als Generalist ist die ldentifikation mit den Zielsetzungen und Problemen des Geschäftsbereiches, seine Mitverantwortlichkeit für das Geschäftsergebnis (zumindest im Hinblick auf seine DV-Budgetverantwortlichkeit und den aus Informationstechnik resultierenden Nutzen), seine Fähigkeiten zur Analyse, Planung und Kontrolle - kurzum, seine Führungsqualität.

Erfolgreiches IM bedeutet letztlich Mitverantworlichkeit für die Weiterentwicklung des Geschäftsbereiches, zumindest für Vorsprung in der lnformationsbasis gegenüber der Konkurrenz und für wettbewerbsfähige Informationssysteme - letztlich ist Informations-Management also eine "unternehmerische" Aufgabe.