Leistungsprofile von Magnetplattensystemen:

Höhere Kapazität - geringerer Durchsatz

08.04.1982

So unzureichend wie die Fahreigenschaften eines Autos durch PS oder Kilowatt und die Verarbeitungsleistung eines Rechnersystems durch Mips- oder Kops-Raten charakterisiert werden, so wenig treffend bezeichnet die Speicherkapazität die Verarbeitungsleistung eines Plattensystems. Trotzdem starren vielen Anwender wie hypnotisiert auf die Zahl der Installierten Mega- oder Gigabytes und handeln nach dem Glaubenssatz "Mehr Bytes = mehr Leistung".

Durch neue Großplattensysteme inspiriert und durch ein besseres Preis-/Leistungsverhältnis ermutigt, ersetzen sie beispielsweise vier 200-MB-Plattenlaufwerke durch zwei 500-MB-Laufwerke. Gleichzeitig mit dem Aufstocken der Plattenkapazität um 25 Prozent wächst die Zuversicht, nunmehr eine umfassende Anpassung der Plattenleistung an gestiegene Anforderungen vollzogen zu haben. Doch wenn die neue Konfiguration dann unter Last steht, platzen all diese schönen Träume wie Seifenblasen:

Die Verarbeitungsleistung des Gesamtsystems, die Antwortzeiten im Dialogbetrieb haben sich nicht verbessert, sondern verschlechtert. Ein Planungsfehler wird offenbar, der das Vertrauensverhältnis zwischen Anwender und Hersteller belastet.

Doch solche leidigen und letztlich auch teuren Erfahrungen müssen nicht sein. So wie es für die Leistungsplanung des Zentralkomplexes eines Rechnersystems zuverlässige Verfahren gibt, so lassen sich auch die Leistungsprofile von Magnetplattensystemen prognostizieren. Diese Methoden erlauben die Bestimmung einer Konfiguration, die allen Anforderungen des Anwenders gerecht wird und nicht nur seinen vordringlichen Wunsch nach mehr Speicherkapazität erfüllt.

Das Leistungsspektrum eines Magnetplattensystems erstreckt sich über die drei Dimensionen Kapazität, Durchsatz und Zeit, die durch folgende Fragestellung verdeutlicht werden:

- Welche Speicherkapazität hat das Plattensystem?

- Welche maximale Anzahl von EA-Anforderungen pro Sekunde (Durchsatz) vermag das System zu bedienen?

- Wie viele Anforderungen kann das System bei vorgegebener Antwortzeit bedienen? - Welche Antwortzeit stellt sich bei einer gegebenen Systembelastung ein?

Während die Speicherkapazität eines Plattensystems eine Konstante und bekannte Größe darstellt, stehen die letzten Fragen zu Durchsatz und Zeitverhalten in engem Zusammenhang.

Belastung und Zeitverhalten eines Plattensystems hängen wechselseitig voneinander ab. Daher ist das reale Leistungsprofil einer Plattenkonfiguration nur durch eingehende Analyse der Verarbeitungsabläufe in einem Plattensystem zu ermitteln. Durch einfache Hochrechnung der Leistungsdaten eines einzelnen Laufwerkes kann das Leistungsprofil eines Plattensystems nicht bestimmt werden, da durch intelligente Zugriffssteuerungen, parallele Bearbeitung von EA-Anforderungen und mögliche Zugriffskonflikte ein dynamisches Systemverhalten entsteht.

Der Anwender steht daher vor dem Dilemma, daß er zwar Kenntnis über das Leistungsspektrum seiner Laufwerke und Steuereinheiten besitzt, er hieraus aber meist keine Aussagen über das effektive Leistungsverhalten seiner Platten insgesamt - seines Plattensystems - gewinnen kann.

Dieser Beitrag will hierzu einige Hilfestellungen geben, die es dem Anwender erlauben, trotz komplizierter Systemabläufe das Leistungsspektrum bezüglich Belastung und Zeitverhalten auf relative einfache Art zu ermitteln. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Möglichkeit des Systemvergleichs verschiedener Plattenkonfigurationen gelegt; ein Thema, das bei fast allen Installationen ein drängendes und ungelöstes Problem darstellt.

Magnetplattensysteme moderner Technologie besitzen Durchsatzcharakteristika, wie sie exemplarisch durch die nachfolgende Abbildung beschrieben wird.

Sie zeigt für zwei Plattentypen A und B die Abhängigkeit des Durchsatzes von der Anzahl der installierten Laufwerke. Deutlich ist zu erkennen, daß der Durchsatz - die maximale Anzahl der pro Sekunde bearbeiteten EA-Anforderungen - von der Zahl der Laufwerke bestimmt wird. Die Kurven sind geprägt von abnehmender Grenzleistung, das heißt mit zunehmender Anzahl von Laufwerken wird der Zuwachs an Durchsatzleistung immer kleiner.

Werden die Durchsatzkurven auf das eingangs erwähnte Beispiel der Plattenumrüstung angewandt (Typ 1 sei eine 200-MB-Platte, Typ 2 sei eine 500-MB-Platte), so ist direkt abzulesen, daß die Durchsatzleistung für vier Platten des Typs 1 rund 80 EA/s und die Durchsatzleistung für zwei Platten des Typs 2 etwa 60 EA/s beträgt.

Durch Konzentration der Zugriffe auf weniger Laufwerke sinkt daher die Durchsatzleistung um 25 Prozent, obwohl die neuen Großplattensysteme kürzere Positionierzeiten und Transferzeiten besitzen. Die mit der Umrüstung verbundene Erhöhung der Speicherkapazität von 25 Prozent ist verbunden mit einem Verlust an Durchsatzleistung von 25 Prozent. Das Datenvolumen wird vergrößert, der Zugangsweg zu den Daten wird verkleinert; eine Fehlplanung, die zu unbefriedigendem Systemverhalten führen muß. Es ist daher bei der Konfiguration eines Plattensystems stets zu beachten, daß ein harmonisches Wachstum von Speichervolumen und Durchsatz erfolgt.

Da ein wachsender Datenbestand in kommerziellen Anwendungen auch gleichzeitig das Nutzungspotential dieser Information erhöht, ist ein Volumenwachstum der Daten auch von absolut steigenden Zugriffsanforderungen begleitet. Je nach Anwendungsgebiet kann diese Wachstumsrate der Zugriffsanforderungen die Wachstumsrate der Datenmenge erreichen oder sogar übertreffen. Als Richtwert für ein harmonisches Konfigurationswachstum sollte daher ein Gleichklang beider Wachstumsraten angestrebt werden. Bei einer Erweiterung des Datenvolumens um 50 Prozent sollte also die Durchsatzleistung der Plattenkonfiguration mindestens ebenso um 50 Prozent gesteigert werden.

Hierdurch werden Zugriffsstaus vor den Platten vermieden, und der Realisierung der angestrebten höheren Systemleistung ist gewährleistet.

In der Praxis wird ein solch harmonisches Wachstum von Speicherkapazität und Durchsatzleistung automatisch erreicht, wenn die Anzahl der bestehenden Laufwerke bei einer Umstellung auf Laufwerke neuerer Technologie und höherer Speicherkapazität beibehalten wird. Intelligente Zugriffsalgorithmen, kürzere Zugriffszeiten und höhere Übertragungsraten der neuen Plattengenerationen enthalten die Leistungsreserven, um größere Datenmengen nicht nur speichern zu können, sondern sie auch in kurzer Zeit allen verarbeitungsprozessen verfügbar machen zu können.

Die gestrichelten Kennlinien für die Durchsatzleistung bei vorgegebenen Bedienungszeitprofil machen dies am Beispiel der beiden Plattentypen 1 und 2 deutlich. Beim Wechsel von Plattentyp 1 zum leistungsfähigeren Plattentyp 2 ist die Steigerung der Speicherkapazität von einem proportionalen Wachstum der Durchsatzleistung in dem Spektrum von Bedienungszeiten begleitet, das für die Auslegung eines Dialogsystems entscheidend ist.

Abbildung 2 zeigt die mit einer solchen Umrüstung bei Beibehaltung der Laufwerksanzahl erreichbaren Leistungssteigerungen.

Falls Plattensysteme mit noch höheren Durchsatzanforderungen belastet werden oder für zeitkritische Anwendung die Bedienungszeiten für EA-Anforderungen drastisch reduziert werden müssen, können Plattensysteme mit Pufferspeichersystemen konfiguriert werden. Diese Pufferspeicher können bis zu 16 MB umfassen und erlauben einen Zugriff auf häufig benötigte Daten innerhalb von drei Mikrosekunden bei gleichzeitiger Vervielfachung der Durchsatzleistung.

Ein Wachstum der Speicherkapazität sollte begleitet werden von einem abgestimmten Wachstum an Durchsatzkapazität. Eine erfolgreiche Systemplanung muß alle Leistungsdimensionen berücksichtigen. Die erforderliche Technologie steht zu günstigem Preis-/Leistungsverhältnis bereit und kann flexibel auf ein harmonisches Leistungswachstum abgestimmt werden.

Durch planvolle Konfiguration ist die Effektivität und damit der Erfolg der Anwenderinvestitionen gewährleistet.

*Volker Aßmus ist Mitarbeiter der Zentralen Vertriebsunterstützung bei Sperry Univac, Sulzbach/Taunus.