Höchste Unix-zeit

04.09.1987

"Würg' ihn, Erwin!" - Was der von seinen Ameisenvolksgenossen angefeuerte Hautflügler mit dem Elefanten tun soll, amüsierte schon Generationen von Biertisch-Runden und DV- Spezialisten(siehe untenstehenden, Cartoon). Mt seiner Einladung an den Mainframe-Monopolisten IBM, dem Unix-Clan beizutreten, hat der rührige Vorsitzende der X/Open-Gruppe, Geoff ("Erwin", Anmerk. d. Kolumnisten) Morris, mühelos den Sprung an die Spitze der Anti-Windmühlen-Bewegung geschafft - Cervantes läßt grüßen.

So weit scheint die Dauerfehde zwischen dem Unix-Lager und Mother Blue bereits gediehen, daß die IBM in den X/Open-Zirkeln erwünscht ist. Voraussetzung, so Morris: Der DV-Multi" bekennt sich zu offenen Systemen". Von der IBM die Verpflichtung auf die X/Open-Standards zu verlangen, kommt dem Versuch gleich, aus "Dallas" eine sozialistische TV-Erbauungssendung zu machen. Die IBM wird einen JR Ewing tun, ihre Monopolposition im Mainframe-Bereich freiwillig aufzugeben. Es ist denn auch mehr die Unix-Initiative selbst, über die sich streiten läßt. Schwer durchschaubar seien die Interessen der einzelnen Anbieter, klagen selbst eingefleischte X/Open-Fans. Was etwa DEC reitet, eine keineswegs eindeutige Haltung einzunehmen, wissen nicht einmal die Eingeweihten. Und Siemens, flott in Unix-Lippenbekenntnissen, muß sich Sinix-Eigensinn nachsagen lassen. Nein, die X/Open-Einiger sind sich alles andere als einig.

Gleichwohl gibt es in der Unix-Szene offenbar ein Minimum an Koordination. Beispiel: Da wurde jetzt ein deutsches Softwarehaus verpflichtet(Name ist der CW-Redaktion bekannt), die X/Open-Interessen in der Bundesrepublik "diplomatisch" zu vertreten. In der offenen Konfrontation mit der IBM-Welt ginge das kleine DV-Unternehmen ein hohes Risiko ein. Lang ist die Liste jener Softwarefirmen, die im Nicht- IBM-Markt mit ihren Investitionen, etwa in Unix-Lösungen für kommerzielle Anwendungen, Geld verloren haben.

Man versteht die Zurückhaltung - und wieder nicht. Denn kürzer wird die Liste jener "unabhängigen" DV-Beratungsunternehmen, die mit IBM-Software Geld verdienen. Big Blue, dies die simple Erklärung, läßt keinen Markt aus. Und nun ist eben - im wahrsten Sinne des Wortes - die Softwarebranche dran, auch wenn dies noch nicht alle Softlabs Abk. für Software-Laboratorien)zwischen Wilhelmshaven und München gemerkt haben.

Mit Fairneß gegenüber einer IBM, die ihrerseits nicht die Betriebssystem-Backe hinhält, wird der Unix-Initiative, das sollten die X/Open-Marketiers wissen, letztlich ein Bärendienst erwiesen. Vor den Anwendern, dies die ermutigende Erkenntnis, können die Verfechter einer Portabilitätsdoktrin ohnehin nicht länger "allgemein" bleiben("Welcome IBM"): Die anstehenden Vernetzungs- und Integrationsaufgaben dulden keinen Aufschub - Schluß also mit der PS/2- und OS/2-Raterei sowie dem

SAA-Gemunkel!