Höchste Eisenbahn für's Wagen-Management

21.11.2005
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Unter dem Druck, effizienter zu wirtschaften, hat SBB Cargo mit dem Neuen Wagen-Management (NWM) ein System entwickelt, um seine Güterwagen besser auszulasten.

SBB Cargo bewegt viel auf der Schiene. Mit rund 12.000 Güterwagen stellt das Unternehmen Tag für Tag 2300 Güterzüge zusammen und transportiert täglich Fracht in den Ländern Deutschland, Schweiz und Italien.

Das Management des Güterwagenbestands lief jedoch noch genauso ab wie vor 150 Jahren, berichtet Martin Rühl, Leiter Informatik und Projekt-Management der SBB Cargo. Die Verantwortlichen auf den Verladebahnhöfen orderten und hielten nach den Wünschen ihrer Kunden die benötigten Wagen vor. "Stress bekam der Rangiermeister, wenn an einem bestimmten Tag keine Wagen da waren, aber nicht, wenn diese ein paar Tage unbenutzt auf dem Gleis herumstanden."

Martin Rühl (links)und Klaus Pirker haben ein IT-System für das Wagen-Management entwickelt, das in Europa bislang einzigartig ist.
Martin Rühl (links)und Klaus Pirker haben ein IT-System für das Wagen-Management entwickelt, das in Europa bislang einzigartig ist.

Die verantwortlichen Manager haben alle Prozesse unter die Lupe genommen und neu zusammengestellt. Einer der dabei entdeckten Schwachpunkte war die Wagenhaltung. "Das Management der Wagen war nicht auf einen kostenoptimalen Umlauf ausgerichtet", erzählt Klaus Pirker, Programm-Manager Produktion aus dem Bereich Informatik und Projekt-Management von SBB Cargo.

In der alten Organisation orderten die Kunden die benötigten Wagen direkt bei den lokalen Bahnhofsteams. Dort wurden täglich Bestand und Bedarf über eine 3270-Terminal-Emulation an das zentrale Host-System übermittelt. Das Modul Leerwagenverteilung (LWV) ermittelte anhand der eingegangenen Informationen die erforderlichen Verschiebeaufträge und schickte entsprechende Weisungen per Mail an die lokalen Produktionsteams auf den Bahnhöfen.

Diese dezentrale Organisation mit dem Blick auf die eigene Klientel hatte zur Folge, dass leere Wagen nur dann gemeldet wurden, wenn lokal auf absehbare Zeit kein Bedarf erkennbar war. Längerfristige Wagenbestellungen waren nicht möglich. Im Endeffekt wusste der Kunde erst ei-nen Tag vor der Zustellung, ob er einen bestellten Wagen auch tatsächlich erhalten wird. Von einem zentralen Wagen-Management mit der entsprechenden Übersicht über die tatsächlich verfügbare Ladekapazität konnte deshalb keine Rede sein.

SBB Cargo

Die Schweizer Bundesbahner nutzten ein 150 Jahre altes Verfahren zum Management ihres Güterwagenbestands. Heute haben sie das modernste in Europa.

  • Umsatz 2004: 1,33 Milliarden Schweizer Franken

  • Mitarbeiter: 4870

  • IT-Mitarbeiter: 70

Das sollte sich ändern. Im Jahr 2001 begann SBB Cargo mit dem Redesign der Abläufe. Der Bereich Informatik und Projekt-Management, der sich den Verantwortlichen zufolge als Bindeglied zwischen IT und Business versteht, war von Anfang an eingebunden. Das Feinkonzept, das vor zwei Jahren fertig war, sah vor, dass die Wagenverteilung künftig in einem zentralen Wagenmanagement verwaltet werden würde und alle Wagen über ein Kunden Service Center (KSC) gebucht werden sollten. Zudem sollten Kunden in Zukunft auch längerfristig Güterwagen ordern können, so die Vorgabe.