Hobby-Computeur

03.03.1978

Dipl.-Ing. Heinz W. Dieckmann

Redakteur für Naturwissenschaft und Technik beim Handelsblatt

"Wer sich Computer selber baut, verliert meist Ehefrau und Braut", warnt Dr. Rochus Grzimek von der C-Mix-GmbH in Frankfurt die Interessenten für die von seiner Firma angebotenen Hobby-Computer. Doch weiß er denen, die der Spaß am eigenen Rechner schon süchtig gemacht hat, auch Trost zu spenden: "Wer sich mit Braut und Frau entzweit, hat für Computer noch mehr Zeit!" Solche Sprüche drücken scherzhaft das aus, was die amerikanische Marktforschungsfirma Venture Development Corporation bei Befragungen unter den schon mehr als 24000 Besitzern eines eigenen Computers herausfand. Die Hobbyisten opfern danach eine Menge Freizeit: 44,6 Prozent von ihnen treiben es zehn bis neunzehn Stunden pro Woche mit ihrer Byte-Glotze. Vorwiegend wollen sie lernen. Ihre Motivation ist die Lust am neuen Wissen. Mehr als einem Drittel dieser Freizeitrechenzentrumsleiter ist der Spaß an Bits und Bytes eine Geldausgabe von über 2000 Dollar wert - für die Mehrzahl von ihnen bedeutet das immerhin ein Zehntel ihres Jahreseinkommens! Für 20 Prozent der Befragten sind das sogar mehr als 20 Prozent des Jahreseinkommens. Jeder zehnte Hobbyist ließ sich die Datenverarbeitung in den eigenen vier Wänden wenigstens 4000 Dollar kosten. Die Umfrage zeigte allerdings auch, daß solcher Enthusiasmus sich nicht quer durch alle Berufsstände und Bevölkerungsschichten entwickelt, sondern vor allem bei Leuten, die als Programmierer, Techniker oder Ingenieure tätig sind (65 Prozent) und im Berufsleben mit dem Computer zu tun haben (75 Prozent). Vierzig Prozent von ihnen halten sich durchaus nicht mehr für Anfänger, und die Maschinensprache der PDP/8 oder PDP/11 ist genauso vielen bekannt wie der Assembler des beliebtesten Mikroprozessors, des Intel 8080. Übung mit der in Hobbycomputer-Kreisen meist benutzten Programmiersprache Basic haben 31 Prozent, aber 29 Prozent fühlen sich mit Fortran und je 10 Prozent mit Cobol, APL beziehungsweise PL 1 vertraut.

Was treibt nun diese hochmotivierte und gut vorgebildete Truppe mit ihren esoterischen Werkzeugen? Die Anwendungen der Hobbycomputer sind ebenso vielfältig wie bei ihren professionell benutzten größeren Brüdern. Wie schon die Bemühungen, etwas zu lernen, erwarten lassen, sind die zu einem großen Teil aus Bausätzen (Kits) oder Baugruppen zusammengestrickten Systeme nicht für eine spezielle Anwendung maßgeschneidert.

Nach dem eigentlichen Basteln und Experimentieren mit Hardware und Betriebssystemen (88 Prozent) folgen in der Rangliste der Interessengebiete gleich die Spiele mit 78 Prozent. Deutlich schwächer kommen danach die etwa gleich stark interessierenden Themengruppen Textverarbeitung (53 Prozent), Mathematik (52 Prozent), Datenbankverwaltung (52 Prozent) und Echtzeitaufgaben (50 Prozent). Bildschirmgrafik (45 Prozent) und die Kombination mit Amateurfunk (15 Prozent) fallen dagegen ab. Bei der enormen Ballung an Know-how bei den Heimrechenwerkern nimmt es kein Wunder, daß viele kleine Firmen sich mit Produkten an diesen Abnehmerkreis wenden. Schließlich gehören die Fehlersuche und die Reparatur wenn vielleicht auch nicht gerade zum Freizeitvergnügen, so doch zur Freizeitbeschäftigung. Ein enges Netz an Servicetechnikern braucht der Lieferant von Hobbycomputer nicht aufzubauen. Wer Pannen nicht selbst beheben kann, bringt das defekte Gerät eben zum Byteshop, wo es gekauft wurde. In den USA rechnen Marktkenner für das Geschäft mit Hobbycomputern mit Zuwachsraten von 40 Prozent pro Jahr. Aber das ganz große Geschäft kann daraus eigentlich nicht werden. Schließlich gibt es nicht unerschöpflich viele Leute, die abends mit dem gleichen Apparat spielen wollen, an dem sie tagsüber (manchmal sogar hart) gearbeitet haben.

Hobby-Computer bringen es, so schätzt Venture-Development für die USA, in fünf bis acht Jahren auf 300000 Einheiten. Kauft hingegen nur jeder fünfundzwanzigste amerikanische Haushalt einen Heimcomputer für 600 Dollar, so übersteigt die Verkaufssumme den gegenwärtigen Umsatz aller Hersteller von Minis zusammengenommen. Wie ein solcher Markt aufzureißen ist, darüber gehen zur Zeit noch die Meinungen auseinander, wie es sich auf der Consumer-Electronics-Show im Januar in Las Vegas abzeichnete. Einige Anbieter wollen den Spieltrieb des Käufers anreizen, andere stellen die Datenverarbeitung für den Privatmann- und Einmann-Unternehmer heraus. Vor allem ist unklar, ob der potentielle Anwender nur fertige Software benutzen kann und will oder ob er es über sich bringt, selbst zu programmieren. Selbst Basic ist aber für den nicht vorgebildeten Käufer eine nur mit einigem Aufwand erlernbare Sprache. Joss, eine von der Rand-Corporation konzipierte Programmiersprache, die näher mit der natürlichen Sprache, (natürlich heißt natürlich englisch) verwandt ist, soll die Interaktion mit dem "intelligenten Haustier" erleichtern.

Das wird aber nach Meinung von David Chung, dem Entwickler des Mikroprozessors F 8 und nun Vicepresident der Umtech-Inc., nicht ausreichen. Umtech setzt beim Video-Brain-Heimcomputer auf fertige Programme, schon fünfzig sollen zum Jahresende 78 verfügbar sein. "Der Hauscomputer wird sich nicht etwa verkaufen lassen, weil er ein gutgemachtes Stück Technik ist, sondern weil der Anwender einen Nutzen in ihm sieht und er diesen Nutzen haben will", meint Chung. Gut gebrüllt, Chung. Die kommerziell orientierten Verwandten des Heimcomputers haben hoffentlich zugehört.