Plattformunabhängiger RDP-Zugriff auf Windows-Anwendungen

HOB liefert Java-Client für den Terminal Server

11.02.2000
Das Zirndorfer Unternehmen HOB Electronic, das vornehmlich Connectivity-Lösungen anbietet, erweitert seine Palette um ein Produkt für die Windows-Welt. "HOB Link JWT" ermöglicht den plattformunabhängigen Zugriff auf den Microsoft Terminal Server beziehungsweise auf die im Windows 2000 Server standardmäßig integrierten Terminaldienste. Von Michael Pietroforte*

Während Microsoft lediglich Remote-Desktop-Protocol-(RDP-) Clients für die hauseigenen Betriebssysteme anbietet, erlaubt das in Java geschriebene HOB Link JWT auch den Zugriff auf den Windows Terminal Server von anderen Systemen aus. Lediglich Citrix bot bislang mit der Terminal-Server-Erweiterung "Metaframe" und dem ICA-Protokoll Unterstützung für andere Plattformen.

Obwohl man bei einem Java-Programm eine einheitliche Ausführung für alle Betriebssysteme erwarten würde, bietet HOB seine Client-Software für Win9x/NT, Mac-OS, OS/2 Warp, Solaris Sparc und andere Unix-Derivate separat an. Dahinter verbirgt sich jedoch immer das gleiche Programm, der Hersteller integrierte bloß die Java Virtual Machine (JVM) für das jeweilige OS. Die Software benötigt dabei das JDK 1.1.6, auf Solaris tut es schon 1.1.4.

Besonders interessant ist bei einer Java-Variante, dass sich der Client als Applet in Web-Seiten einbinden lässt. Die Installation auf dem Web-Server ist in wenigen Minuten erledigt. In einem HTML-Dokument können mittels Parameter unter anderem die IP-Adresse des Terminalservers, der Anmeldename und das Passwort vorgegeben werden. Mit einem Mausklick auf den entsprechenden Link wird man dann automatisch mit dem Server verbunden und angemeldet. Problematisch ist dabei, dass das Kennwort im Klartext in der HTML-Seite hinterlegt wird. Leider fehlt auch ein Parameter, über den sich bestimmte Applikationen auf dem Terminal Server automatisch starten lassen. Eine transparente Integration von entfernten Anwendungen in den lokalen Desktop ist daher nur bedingt möglich.

Allerdings will HOB in dieser Hinsicht noch nachbessern. Mit dem nächsten Release können dann über ein Konfigurationsprogramm die entsprechenden HTML-Seiten erzeugt werden. Einen Vorteil können die Zirndorfer gegenüber der US-amerikanischen Konkurrenz in puncto Sicherheit verbuchen. Mit HOBLink Secure will man bis zur CeBIT eine sichere Verschlüsselung der RDP-Daten ermöglichen. Mit einer maximalen effektiven Schlüssellänge von 112 Bit sollte man gegen jede Form von Brute-Force-Attacken gewappnet sein. Sowohl RDP als auch ICA unterstützen bislang hierzulande aufgrund der US-amerikanischen Exportbeschränkungen nur unzureichende Schlüssellängen. Da die Exportbestimmungen kürzlich gelockert wurden, könnte dieser Vorteil von HOB aber bald dahin sein.

Während Citrix für das ICA-Protokoll schon länger das automatische Einbinden lokaler Drucker, Laufwerke und der Windows-Zwischenablage in den Remote-Client erlaubt, ist das derzeit mit RDP weder mit Microsofts Client noch mit HOB Link JWT möglich. Diese Features werden vom Windows 2000 Server jedoch unterstützt. Bei HOB prüft man derzeit, inwieweit sich in einen Java-Client diese Funktionalitiät sinnvoll integrieren lässt. Da ja die Plattformunabhängigkeit gewährleistet werden soll, ist dieses Problem jedenfalls nicht ganz trivial.

Doch nicht nur in Bezug auf die Funktionalität macht Java Probleme. Auch die mangelnde Performance von Java-Awendungen tritt wieder deutlich zu Tage. Einer der Vorzüge des Terminal Servers ist ja gerade die Tatsache, dass auch betagte PCs, etwa 486er Rechner, noch als Clients in Frage kommen, weil der Server die Rechenarbeit übernimmt. Bei HOB Link JWT ist daran nicht zu denken. Mit einem Pentium 133 läßt sich zumindest in einem 10-Mbit-Netz noch gut arbeiten. Geschwindigkeitseinbußen gegenüber dem Microsoft-Client machen sich nur bei der Arbeit mit Grafiken bemerkbar. Doch bei einer ISDN-Verbindung wird auch hier die Arbeit schon recht mühsam, denn die zusätzliche Komprimierung für langsame Verbindungen, die der Microsoft-Client beherrscht, kennt HOB Link JWT nicht.Interessanterweise gibt es in Bezug auf die Performance auch eklatante Unterschiede zwischen Windows- und Unix-Systemen. So ist beispielsweise unter Linux auf einem Pentium 133 auch bei 100 Mbit das Scrollen durch lange Dateien extrem langsam, während auf derselben Hardware unter Windows NT dieses Problem kaum besteht. Aber auch unter NT im LAN erfolgt der Bildschirmaufbau erst bei einem Pentium II ähnlich schnell wie an der Konsole.

Trotz dieser Probleme ist HOB Link JWT sicher ein interessantes Produkt. Mit minimalem Installationsaufwand ermöglicht diese Lösung von nahezu jeder Plattform aus den Zugriff auf Windows-Anwendungen. Gegenüber dem wesentlich komplexeren und daher auch leistungsfähigeren Metaframe zeichnet es sich vor allem durch den Preis aus. Während man bei letzterem etwa für eine 25-Nutzer-Lizenz zirka 14000 Mark netto bezahlt, schlagen bei HOB Link JWT lediglich 6735 Mark (netto) zu Buche. Zu beachten ist dabei allerdings, dass Citrix nach dem Concurrent-Lizenz-Modell abrechnet und somit nur zeitgleiche Sessions bezahlt werden müssen.

* Michael Pietroforte arbeitet als freier Autor in München