Kolumne

Hit und Run war einmal

17.11.2000
Jan-Bernd Meyer, Redakteur CW

Als der damals 26-jährige Oliver Samwer im März 1999 gemeinsam mit zwei Brüdern und Freunden die Versteigerungs-Website Alando.de aufbaute, war noch nicht klar, dass er und seine Kumpels ein paar Monate später Millionäre sein würden. Die Idee für virtuelle Auktionen kopierte er von E-Bay - und die US-Amerikaner kauften Alando im Gegenzug, als sie in Deutschland Fuß fassen wollten. Alando steht seither als Paradigma dafür, was die Internet-Branche angeblich auszeichnet. Sehr junge Existenzgründer, mit schnellem Geld von profithungrigen Wagniskapitalisten ausgestattet, zocken im Handumdrehen Vermögen ab: jung, reich, arrogant.

So aber liegen die Dinge nicht - Ausnahmen bestätigen die Regel. Zum einen stehen der einen Erfolgsgeschichte aus der New Economy neun entgegen, die im Abseits enden. Zum anderen aber legt sich der Hype um die Hit-and-Run-Boys so langsam. Nicht von ungefähr kommt es etwa, wenn der Gründer des Internet-Geschenkeportals Yousmile.de Tim Stracke durchaus mit Stolz darauf hinweist, dass die Landesbank Baden-Württemberg als ein sehr wichtiger Finanzier die Geschäftsidee der Karlsruher unterstützt. Hier legt einer Wert nicht nur auf eine witzige Geschäftsidee, sondern er pocht auch auf die Seriosität seines Geschäftsplans, den die Old Boys aus der Bankenszene wohl erkannt haben.

Genau da liegt der Knackpunkt: Als hierzulande der große Goldrausch unter den Startups anhub, konnten sich auch solche Gründer satte Kapitalspritzen von Geldgebern verpassen lassen, die nicht viel mehr als einen etwas ausgefallenen Geschäftsplan vorzuweisen vermochten, sagt Venture Capitalist Oliver Borrmann, Vorstandsvorsitzender der Berliner BMP AG. Ob das zugehörige Geschäftsmodell auch funktionierte, interessierte niemanden wirklich. Heute sehen Investoren viel genauer hin - und sie geben Unternehmensgründern viel weniger Startkapital.

Die Klimaveränderung ist auch in anderer Hinsicht zu spüren: Auf der Systems konnte der Internet-Sprecher der CDU Thomas Heilmann dem IG-Metall-Gewerkschafter Dieter Scheitor noch etwas süffisant zurufen: "Kommen Sie endlich in der Realität an." In Schweden tun dies Arbeitnehmer von Internet-Firmen: Sie laufen in Scharen zum Gewerkschaftsverband Jusek über. Denn alles, stellen sie fest, ist nicht Gold, was in der New Economy glänzt.