Hilfe beim individualisierten Führen

11.09.2001
Von Das Gespräch

Softwaretools werden bei der Rekrutierung von neuen Mitarbeitern nicht nur in den USA, sondern künftig auch in Deutschland verstärkt eingesetzt. Davon ist Arne Maus, Personalcoach aus Hamburg und Entwickler des "Personality Compass" überzeugt. Im CW-Gespräch erläutert er Chancen und Grenzen der technischen Hilfsmittel.

CW: Warum sollte sich Recruiting-Software durchsetzen, zumal Firmen zurzeit ihre Mitarbeiter eher entlassen als dass sie sie im großen Stil suchen?

Arne Maus
Arne Maus

Maus: Langfristig wird der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern weiter steigen. Schon aus demographischer Sicht stehen in den nächsten Jahren immer weniger gut ausgebildete potenzielle Mitarbeiter zur Verfügung. Die Unternehmen müssen um diese konkurrieren. Gerade in rezessiven Phasen sind die Kosten für falsche Einstellungen enorm hoch, daher geben sich die Unternehmen bei der Selektion verstärkt Mühe.

CW: Welche Bedeutung hat aus Ihrer Sicht das Internet für die Personalbeschaffung?

Maus: Schon über die Hälfte aller Bewerbungen werden via Internet gestartet. Wenn entsprechende Strukturen im Unternehmen bestehen, lässt sich auch der interne Ablauf erheblich beschleunigen. Es entstehen keine Medienbrüche. Der Zeitfaktor wird immer wichtiger.

CW: Welche Rolle kann ein Software-Tool wie der Personality Compass im Online-Bewerbungsprozess spielen?

Maus: Das Unternehmen formuliert eine Profilanforderung bezogen auf eine Stelle oder auf das Unternehmen als Ganzes. Der Bewerber muss auf einer Website einen Fragebogen ausfüllen. Dieser wird mit dem Profil verglichen. Bei hoher Übereinstimmung bekommen Personalleiter und Bewerber eine entsprechende Mail vom System. Dadurch ist schon ein Dialog zwischen Bewerber und Unternehmen entstanden, der dann auf klassischen Wegen fortgesetzt wird. Werden die Voraussetzungen nicht erfüllt, erfolgt schon früh die Ablehnung.

CW: Der Personality Compass bildet also eine Art grobes Sieb zur Vorauswahl.

Maus: Genau. Das ist die erste Stufe. Im Idealfall begleitet er einen Bewerber allerdings auch weiter. Es ist wichtig zu beobachten, wie sich der Mitarbeiter verändert, wenn er im Unternehmen ist. Hierzu kann zyklisch eine PC-Auswertung vorgenommen werden.

CW: Tools für das Profile-Matching gibt es viele. Was zeichnet ein gutes Werkzeug aus?

Maus: Viele Werkzeuge kategorisieren die Menschen. Das ist vergleichsweise einfach und plastisch darzustellen, ist aber in der Regel unscharf. Die wenigsten Tools widmen sich dem beruflichen Kontext. Sie versuchen, allgemeine Charakterbilder zu entwerfen. Dabei gibt es längst Studien, die beweisen, dass es keine Korrelation zwischen Verhaltensmustern am Arbeitsplatz und im Privatleben gibt. Menschen passen ihr Verhalten deutlich an den jeweiligen Kontext an. Ein weiterer Fehler der Matching-Software ist die qualitative Wertung. Jeder Mensch hat andere Denkmuster. Bestimmte Denkmuster passen eben auf ein Anforderungsprofil, andere nicht. Bei der Konfliktbewältigung im Unternehmen geht es beispielsweise nicht darum festzustellen, wer der Bessere ist, sondern was die Ursache des Konflikts ist. Meist sind das unterschiedliche Denkmuster.

CW: Sie benutzen den Personality Compass auch im betrieblichen Alltag?

Maus: Er kann dem Vorgesetzten bei dem helfen, was ich "individualisiertes Führen" nenne. Man kann dadurch Mitarbeiter gezielter ansprechen. In Projektteams könnte beispielsweise aufgezeigt werden, warum ausgerechnet Personen mit unterschiedlichen Denkmustern ausgewählt wurden. Wenn die Teilnehmer wissen, dass ihr Mitarbeiter kein Querulant ist, sondern einfach nur anders denkt, dann können sie sich damit arrangieren und hören ihm zu.

CW: Die Information vermitteln muss aber ein Mensch?

Maus: Natürlich. Derartige Werkzeuge können Führungskräfte und Personal-Manager unterstützen, zum Beispiel auch schon bei der Formulierung von Anforderungsprofilen und Stellenanzeigen. Sie können aber kein persönliches Gespräch ersetzen.