High-Tech-Unternehmen sponsern bayerische Elite-Akademie

High-Tech-Unternehmen sponsern bayerische Elite-Akademie Für 4000 Mark in zwei Jahren zur Führungskraft

05.03.1999
Von Angelika Fritsche Mit Geld und Know-how fördern bayerische High-Tech-Unternehmen private Hochschulen und Ausbildungsgänge, die künftige IT- Führungskräfte in kürzester Zeit ausbilden.

Den Segen gab Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber, das Geld die bayerische Wirtschaft, allen voran die Viag AG mit einer Anschubfinanzierung von sechs Millionen Mark. Im Herbst 1998 wurde die "Bayerische Elite-Akademie" offiziell aus der Taufe gehoben - eine in Deutschland bisher einmalige Aktion, wie ihre Paten selbstbewußt verkünden. "Der Standort Deutschland braucht dringend eine Erneuerung des Bildungswesens und eine neue Form von Führungspersönlichkeiten. Wir sind die ersten, die dieser Notwendigkeit Rechnung tragen", erläutert Wolfgang Zeitler, Geschäftsführer der Elite-Akademie, den Anspruch der neuen Bildungseinrichtung, die im April ihre Pforten für zunächst 30 Teilnehmer öffnen wird.

Entstanden ist die Idee vor eineinhalb Jahren im "Wissenschaftlich-technischen Beirat der Bayerischen Staatsregierung", dessen Vorsitzender der ehemalige Siemens-Chef Hermann Franz nun auch den Stiftungsrat der Elite-Akademie anführt. Stoiber habe die Projektidee sogleich "begeistert aufgegriffen". Sein Hauptargument, erinnert sich Zeitler: Ausländische Investoren forderten ein Umfeld, für das Elitenförderung kein Tabu sei. Von der Elite-Akademie erwartet sich der Regierungschef positive Impulse für die einheimische Wirtschaft.

Das Vorhaben wurde zur Chefsache erklärt: Viag-Vorstandsmitglied Maximilian Ardelt, der frühere Siemens-Chef Hermann Franz und Franz Mayinger, Professor für Thermodynamik an der TU München, erarbeiteten das Konzept. Parallel dazu warben die Chefs von Viag, BMW und Siemens bei der bayerischen Wirtschaft um Sponsorengelder. Mittlerweile liegen Zusagen in Höhe von 30 Millionen Mark vor.

Von Anfang an stand fest: Die Akademie ist eine "zusätzliche Förderinstitution für die besten Studierenden der bayerischen Hochschulen". Ihr Ziel soll die Ausbildung von Führungskräften für die Wirtschaft sein. Konkret richtet sich das Angebot an Studierende der Wirtschafts-, Natur- Ingenieur- und Informationswissenschaften, die das Grundstudium bereits erfolgreich absolviert haben.

Vier Semester lang werden sie von international ausgewiesenen Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft studienbegleitend mit der betrieblichen Praxis vertraut gemacht und auf das Aufgabenspektrum einer modernen Führungskraft vorbereitet. Denn gerade in diesem Bereich haben sowohl Hochschulen als auch Unternehmen einen immensen Nachholbedarf. Topmanager Franz hat während seiner jahrzehntelangen Tätigkeit in der Industrie immer wieder feststellen müssen: Vielen deutschen Managern mangelt es an der Einsicht, daß sie ihr eigenes Führungsverhalten verbessern müssen.

Das Anliegen, Führungsnachwuchs schon an den Hochschulen heranzuziehen, wird durch den Strukturwandel der Wirtschaft umso dringlicher: "Der Technologiewandel und die Globalisierung der Märkte brauchen neue Führungspersönlichkeiten. In Zukunft wird es darauf ankommen, daß eine Führungskraft innerhalb des eigenen Unternehmens motivierend und integrierend wirkt und im Umfeld von Gesellschaft und Politik hohe Akzeptanz erreicht", so Franz.

Diese Aufgabe, da sind sich die Initiatoren der Elite-Akademie einig, könne nur gemeinsam von Wissenschaft und Wirtschaft gelöst werden. Deshalb setzt das Ausbildungsangebot auf eine enge Verzahnung zwischen den Hochschulen und den beteiligten Unternehmen. Die Schüler der Elite-Akademie sollen jeweils von einem Dozenten aus Wissenschaft und Wirtschaft betreut werden.

Neben einem Basis-Curriculum, das sich durch alle vier Semester zieht, ist das Kernstück der Spezialausbildung die sogenannte Projektarbeit: Jeweils fünf bis sieben Studierende bearbeiten unter der Anleitung von Tutoren drei Semester lang ein interdisziplinäres Projekt zu einem komplexen Themenfeld, wie etwa die "Auswirkungen der IuK-Technologien auf die Gesellschaft". Zum Abschluß der Projektphase werden die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen veröffentlicht. Dadurch, so Mayinger, würden die Studierenden an "ergebnisorientiertes Arbeiten gewöhnt" - ganz wie im richtigen Berufsleben.

Dies ist auch der Grund, warum die Akademie von ihren Teilnehmern grundsätzlich Studiengebühren - tausend Mark pro Semester - verlangt. Geeignete Kandidaten können bei Bedarf jedoch von den Gebühren befreit werden oder ein Stipendium erhalten.

Wer an der Elite-Akademie studieren will, braucht neben sehr guten Abitur- und Zwischenprüfungsnoten und Referenzen vor allem Durchhaltevermögen, denn die Zusatzausbildung findet studienbegleitend statt - und zwar auch in den Semesterferien: Während der regulären Vorlesungszeit arbeiten die Projektgruppen Internet-basiert zusammen; in den Ferien absolvieren sie mehrwöchige Präsenzphasen, in denen ihnen das Basiswissen vermittelt wird. Dazu gehören Themen wie "Menschenbild und wirtschaftlicher Erfolg", "Werte-Management im Unternehmen" oder "Umgang mit den Medien".

Die Hochschulen standen dem Projekt zuerst reserviert gegenüber. Schließlich haben sie selbst den Anspruch, Elite-Ausbildung zu betreiben. "Erst nachdem wir klarmachen konnten, daß wir kein Konkurrenzunternehmen betreiben wollen, wuchs die Bereitschaft zur Zusammenarbeit", so Mayinger.

Neben der Angst vor Konkurrenz und dem Einfluß der Wirtschaft kam immer wieder die Befürchtung auf, ob hier nicht eine Garde völlig selbstbezogener Manager herangezüchtet würde. "Es geht nicht um eine Elite im Sinne egozentrischer Begabungen, sondern um eine Elite hervorragend begabter und motivierter Menschen, die sich ihrer besonderen sozialen Verantwortung bewußt sind und danach handeln", greift Jochen Holzer, ehemaliges Vorstandsmitglied der Viag AG und einer der wichtigsten Befürworter der neuen Bildungsinstitution, die Kritik auf.

Daß ihr Vorhaben kontroverse Reaktionen auslösen würde - damit hatten die Initiatoren der Elite-Akademie von Anfang an gerechnet: "Wer Anstöße geben will, muß auch in Kauf nehmen, anstößig zu sein", bringt es Geschäftsführer Zeitler selbstbewußt auf den Punkt. Vereint mit Bayerns Politikern wollen die Exponenten der bayerischen Wirtschaft das hierzulande mit mächtigen Tabus belegte Thema "Elite-Förderung" aus seinem Schattendasein holen. "Ein Verzicht auf Elitenförderung, ein Vergeuden der Leistungsfähigkeit Einzelner, bringt nicht allen gleiche Vorzüge, sondern nimmt allen das, was einige für für die Gemeinschaft leisten können", so Zeitler. Dem Christsozialen Stoiber kommt diese Botschaft gerade recht. Bietet sie ihm doch die Möglichkeit, über die eigenen Landesgrenzen hinaus bildungs- und hochschulpolitische Akzente wider den "egalitären Reflex" zu setzen.

Angelika Fritsche ist freie Journalistin in Bonn.