Betriebssystem HP-UX 11i v3 soll erst in zwei Jahren herauskommen

Hewlett-Packard verspätet sich mit Unix

14.11.2003
MÜNCHEN (CW) - Hewlett-Packard wird seine neue Unix-Version "HP-UX 11i v3" wohl nicht wie geplant Ende 2004, sondern erst in der zweiten Jahreshälfte 2005 ausliefern können. Experten gehen davon aus, dass vor allem die Kunden mit Alpha-Servern unter "Open VMS" und "Tru 64 Unix" ungeduldig werden und auf Konkurrenzplattformen abwandern könnten.

In der neuen Version 3 des HP-eigenen Unix-Derivats HP-UX 11i sollen Funktionen des mit Compaq übernommenen Tru-64-Unix integriert werden. Doch laut einem Bericht des britischen Nachrichtendienstes "Computerwire" dauert die Implementierung der Cluster-Funktionen von "Trucluster" sowie des Advanced File System (AdvFS) offenbar länger, als die HP-Entwickler ursprünglich gedacht hatten.

Aktuell bietet HP mit "HP-UX 11i v2" ein Betriebssystem für seine PA-Risc-Server sowie Rechner mit Intels neuen 64-Bit-fähigen Itanium-Prozessoren an. Für beide Plattformen müssten die Entwickler jeweils eine eigene Code-basis pflegen. Funktional gebe es jedoch keine Unterschiede. Mit Version 3 soll ein einheitliches und verbessertes Unix-Betriebssystem für HPs PA-Risc- und Itanium-Architektur zur Verfügung stehen. Neben den Cluster-Funktionen und AdvFS sollen die Systeme unter Version 3 bis zu 128 CPUs skalieren können.

Der Hersteller habe deutliche Fortschritte im Rahmen der Entwicklung gemacht, erläutert Thomas Ullrich aus dem Bereich Unix Server Category Management bei HP. Allerdings seien weitere Anstrengungen und mehr Zeit vonnöten, um die Arbeiten abzuschließen. Man habe deshalb die Investitionen in diesem Bereich erhöht. Vor allem die Qualität stehe dabei im Mittelpunkt. Über 2000 Programmierer sollen derzeit mit der Entwicklung von HP-UX 11i v3 beschäftigt sein.

Ob die Geduld der Alpha-Kunden HPs, die zurzeit noch mit den Betriebssystemen Open VMS und Tru-64-Unix arbeiten, ausreicht, bleibt abzuwarten. Weltweit sind derzeit noch etwa 400 000 Alpha-Systeme in Betrieb. Eine Klientel, die HP halten möchte, auf die es aber auch Konkurrenten wie Sun Microsystems und IBM abgesehen haben.

So hat Sun vor drei Monaten mit dem "HP-Away"-Programm eine Initiative gestartet, die speziell auf Alpha-Anwender abzielt. HP-Kunden erhalten dabei kostenlose Serviceleistungen sowie Vergünstigungen im Rahmen der Finanzierung, wenn sie auf Suns Sparc/Solaris-Plattform umsteigen. Nancy Weintraub, Chief Competitive Officer bei Sun, zieht für die ersten Monate eine positive Bilanz. Angeblich seien bereits 50 HP-Kunden übergelaufen. Bis Sommer 2004 will Sun rund 200 Millionen Dollar mit dem HP-Away-Programm verdienen. Die Initiative, die momentan nur in den USA gilt, soll bis Ende des Jahres weltweit ausgedehnt werden.

Ullrich zufolge laste derzeit wenig Migrationsdruck auf den Alpha-Kunden. Derartige Projekte würden außerdem langfrisitig angegangen. HP werde die Plattform schließlich auch bis 2011 unterstützen. Mit den Entwicklungen in Sachen Tru-64-Unix und Open VMS ließen sich ferner die technischen Anforderungen der Kunden erfüllen. Sollten Kunden ein Problem mit der Verspätung der neuen HP-UX-Version haben und auf eine zeitige Migration drängen, würden sich jedoch individuelle Lösungen finden lassen, verspricht der HP-Manager.

Mittlerweile haben die HP-Verantwortlichen auch in Sachen Abwerbung zurückgeschlagen und bieten ein vergleichbares Programm an, um Sun-Kunden anzulocken. Kostenlose Services im Wert von bis zu 25000 Dollar offeriert HP umsteigewilligen Sun-Anwendern. Die Initiative ist zurzeit noch auf die USA beschränkt. Allerdings gebe es Pläne, die Aktion auf Europa auszuweiten, erklärte vor wenigen Wochen ein Marketing-Manager von HP. (ba)