IT-Konzerne sparen für Quartalsabschluss

Hewlett-Packard und Compaq verordnen Zwangsurlaub

06.07.2001
MÜNCHEN (CW) - Der gute Ruf der IT-Branche als krisenfeste Jobmaschine ist endgültig ramponiert: Konzerne wie Hewlett-Packard (HP) und Compaq haben in den USA ihre Mitarbeiter dazu aufgerufen, freiwillig Urlaub zu nehmen oder zeitlich befristete Gehaltskürzungen zu akzeptieren. Ziel der Firmen ist es, ihren jeweils nächsten Quartalsbericht aufzupolieren.

Mit einem Appell an die Mitarbeiter hat Hewlett-Packard (HP) vergangene Woche eine neue Phase des rigorosen Sparkurses eingeläutet: Angestellte sollen bis Oktober ihren Urlaub aufbrauchen, damit sich die Bilanz des Computerriesen besser liest. Nicht genommener Urlaub wirkt sich negativ auf die Bücher aus, da es sich um Gelder handelt, die den Mitarbeitern geschuldet werden. Optional hätten die Angestellten auch die Möglichkeit, freiwillig für einige Monate auf bis zu zehn Prozent ihres Gehaltes zu verzichten. Nach Angaben eines HP-Sprechers lassen sich mit diesem Verfahren die finanziellen Ziele im dritten Fiskalquartal relativ schmerzlos erreichen.

Zudem habe dieser Schritt bei HP schon Tradition. Und 97 Prozent der Mitarbeiter, die auf den Appell antworteten, wollten freiwillig mitmachen. Wie viele geantwortet haben, wurde jedoch nicht gesagt.

Tröstlich dürfte für die rund 90000 Mitarbeiter sein, dass sie nicht allein betroffen sind. Auch Compaq, Dell, Sun, Adobe, Xilinx und Applied Materials setzen ihre Leute vorübergehend auf die Straße. Compaq nutzt die Woche um den amerikanischen Nationalfeiertag am 4. Juli, um 30000 US-Mitarbeiter in einen Kurzurlaub zu schicken. Lediglich die 3000 kalifornischen Mitarbeiter dürfen arbeiten. Die Gesetze des Bundesstaates an der Westküste verlangen, verordneten Betriebsurlaub als Überstunden zu bezahlen. Mit der Aktion wollen die Texaner Urlaubsrückstellungen der Angestellten abbauen. Zusätzliches Sparpotenzial erhofft sich der PC-Hersteller dadurch, dass ein Großteil der Firmenorganisation heruntergefahren werde. Einzelne Bereiche wie zum Beispiel der Kundensupport würden jedoch wie gewohnt funktionieren.

Ferner plant Compaq weitere Entlassungen. Ein Unternehmenssprecher bestätigte eine an die Mitarbeiter gerichtete entsprechende E-Mail, die der COMPUTERWOCHE-Schwesterpublikation "Computerworld" zugespielt wurde. Die mögliche Zahl der Kündigungen wollte er jedoch nicht kommentieren. HP hat in diesem Jahr bereits zweimal Entlassungen angekündigt.

Die Krise der Branche scheint weitaus schlimmer zu sein als befürchtet, denn mit Zwangsurlaub, Gehaltskürzungen und Entlassungen ist es nicht getan. So hat HP die Regelungen für Geschäftswagen verschärft: Nur noch Beschäftigte aus Vertrieb und Servicegeschäft sollen diese Vergünstigung erhalten. Zudem straffte der Konzern das Handy-Programm für die Mitarbeiter, und Geschäftsreisen wurden eingeschränkt.