Hewlett-Packard setzt auf Technologie und Dienstleistung HPs Roy: "Fuer mich ist NT ein hochproprietaeres Betriebssystem"

25.03.1994

Sei kreativ und kuemmere Dich um Deine Mitarbeiter, lauteten die Ratschlaege, die die HP-Gruendervaeter William Hewlett und David Packard dem frischgebackenen Deutschland-Geschaeftsfuehrer Menno Harms mit auf den Weg gaben. Beide Empfehlungen wird er brauchen koennen. Denn HP kaempft mittlerweile an vielen Fronten, als Mitinitiator der COSE-Initiative, als Drucker-, PC und Workstation-Hersteller und als Produzent seiner PA-RISC- Prozessoren. Mit Harms und Richard Roy, Vertriebsdirektor Computersysteme, sprach CW-Redakteurin Hiltrud Puf.

CW: HP haelt sich alle Tueren offen. Das geht so weit, dass Sie sich mit Konkurrenten zusammentun. Erst kuerzlich haben Sie Anteile der Apple-IBM-Tochter Taligent erworben.

Roy: Das war fuer HP ein wichtiger Schritt, denn Pink wird integraler Bestandteil unseres HP-UX-Betriebssystems.

CW: Bekommen Sie nicht allmaehlich Schwierigkeiten, zwischen Freund und Feind zu unterscheiden?

Roy: Das bringt die Welt der offenen Systeme mit sich. Wir sitzen mit den Konkurrenten in den Normierungsgremien zusammen und versuchen, uns ueber Unix-Systeme zu einigen.

Auch Firmen wie IBM und SNI koennen die Entwicklungskosten fuer bestimmte Tools nicht alleine tragen.

Harms: Das ist ein allgemeiner Industrietrend. Wenn Sie alles selbst machen wollen, kommen Sie garantiert immer zu spaet.

CW: Wie sieht denn die Zusammenarbeit mit IBM konkret aus?

Roy: Openview wurde von HP entwickelt und an IBM lizenziert. Man muss solche Entwicklungen als Standardmodul anbieten und so mit der Konkurrenz kooperieren. Wir leben in einer Welt der Co- Competition.

CW: Wo findet in einer solchen Welt noch Wettbewerb statt?

Roy: Es ist heute schwierig, sich zu differenzieren. Bei Openview haben wir nur die Kerntechnologie lizenziert. HP kann sich aber durch darauf aufbauende Software von der Konkurrenz abheben. Auch im Dienstleistungsbereich bieten sich noch Moeglichkeiten.

CW: HP hat beschlossen, keine Anwendungsentwicklung zu betreiben und statt dessen mit Anbietern von kommerziellen Loesungen zusammenzuarbeiten. Wie laeuft das Geschaeft mit R/3?

Roy: Das ist ein sehr interessantes Umfeld mit hohen Wachstumsraten. Die Haelfte der R/3-Kunden sind fuer uns Neukunden. Da ergeben sich sehr interessante Perspektiven.

CW: Als einer der letzten namhaften RISC-Systemanbieter hat sich HP entschlossen, NT zu unterstuetzen. Freuen Sie sich, wenn NT ein Erfolg wird?

Roy: Das strategische Betriebssystem ist und bleibt HP-UX. Wenn NT sich durchsetzt, werden wir es auf der RISC-Plattform zur Verfuegung stellen. Strategisch waere es nur dann, wenn wir den Sourcecode veraendern koennten, was bei NT nicht moeglich ist. Falls es Erfolg hat, werden wir auch den noetigen Support anbieten. Es waere allerdings ein Widerspruch, wenn Anwender sich aus der Welt der Mainframes befreien wuerden, um ein hochproprietaeres Betriebssystem einzufuehren. Und fuer mich ist NT ein hochproprietaeres Betriebssystem.

CW: HP propagiert die offene Welt und hat gleichzeitig ein eigenes proprietaeres Betriebssystem.

Roy: Wir haben noch viele Anwender, die nach wie vor mit MPE gluecklich sind, zumal es inzwischen durch SQL- und Posix- Schnittstellen relativ offen ist. Die Hardwareplattform der HP3000-Familie wird genauso schnell weiterentwickelt wie die 9000- Linie. Ein zehn bis 15 Jahre altes Betriebssystem hat den Vorteil, dass es stabil ist.

CW: Gibt es denn noch Neukunden fuer MPE?

Roy: Der Umsatz schrumpft, weil immer mehr Anwender offene Systeme bevorzugen. Neukunden gibt es nur, wenn eine Applikation auf der HP3000 sehr viel besser als die Unix-Version ist.

CW: Hewlett-Packard engagiert sich in allen DV-Sparten, entwickelt Software, will ins Leasinggeschaeft und baut die TK-Aktivitaeten aus. Frueher definierten Sie sich als Hardwarehersteller. Wo steht HP heute?

Harms: Wir wollen unsere Systemintegrationsfaehigkeiten so weit ausbauen, dass wir als Generalunternehmer Komplettloesungen anbieten koennen.

CW: Sie haben Ihr Standbein momentan noch bei der Hardware.

Roy: Wir wollen nicht aus dem Hardwaregeschaeft aussteigen. Im Gegenteil: Das Unternehmen Hewlett-Packard braucht die Dienstleistung, um Hardware zu verkaufen.

CW: Gilt das auch fuer den PA-RISC?

Harms: HP treibt die Entwicklung dieses Prozessors weiter voran. Hier koennen wir uns deutlich vom Wettbewerb abheben. Da lassen wir uns nicht die Butter vom Brot nehmen.

CW: Hewlett-Packard wird jetzt als Outsourcer aktiv.

Roy: Wir bieten kein klassisches Komplett-Outsourcing wie EDS oder Debis an, bei denen das Rechenzentrum samt Mitarbeitern uebernommen wird. Wir kuemmern uns nur um Teile der DV-Aufgaben.

CW: Fuerchten sich die Anwender nicht vor einer zu starken Abhaengigkeit vom Dienstleistungsanbieter?

Roy: Bei einem Komplett-Outsourcing haben sie dazu auch Grund.

CW: Es gibt aber zahlreiche Unternehmen, die sich zu diesem Schritt entschliessen, vor allem solche, die sich in einer sehr schwierigen finanziellen Situation befinden.

Roy: Das Total-Outsourcing beschert dem Kunden zunaechst einmal einen Cash-flow, danach folgen die monatlichen Belastungen. Das gleiche Phaenomen entsteht, wenn Unternehmen ihre Firmengebaeude verkaufen und sie hinterher mieten. Das wollen wir nicht.

CW: Andere Hersteller verlegen ihre Produktion nach Asien. Sie haben 95 Millionen Mark in das Leiterplattenwerk in Boeblingen investiert.

Harms: Fuer die F&E-Mannschaft hier ist es wichtig, eine Fertigung in der Naehe zu haben. Wir werden in den naechsten ein bis zwei Jahren sehen, ob wir mit der auslaendischen Konkurrenz mithalten koennen. Der Wettbewerb ist moerderisch.

HP Deutschland

199119921993

Umsatz 459153756650

Gewinn 64 65 70

Quelle: HP Angaben in Millionen Mark