Partnerschaften mit Microsoft und Bea sollen Lücke schließen

Hewlett-Packard opfert eigene Middleware für Fremdprodukte

19.07.2002
MÜNCHEN (CW/IDG) - Hewlett-Packard konsolidiert sein Softwareangebot und nimmt verschiedene Middleware-Produkte aus dem Sortiment. Betroffen sind auch der Application Server und andere Lösungen, die HP Anfang 2001 mit der 470 Millionen Dollar teuren Übernahme von Bluestone Software erworben hatte.

Ausgemustert werden der "Netaction Application Server", die "Netaction Web Services Platform" und die "Web Services Registry". Auch in "E-Speak", HPs Software-Framework für die Entwicklung von E-Business-Anwendungen, will das Unternehmen offenbar keine weiteren Ressourcen stecken. Die Software steht den Anwendern jedoch als Open Source zur Verfügung. Wie Anwendern der Netaction-Produkte geholfen werden soll, will HP am 15. September 2002 bekannt geben.

Verluste waren zu hoch

Mit dem Application Server hielt HP nach Informationen der Giga Group lediglich einen Marktanteil von vier Prozent - weit weniger als die Marktführer Bea Systems und IBM. Das Unternehmen hatte den Rückzug aus diesem Geschäft schon vor einigen Wochen angedeutet und dabei "schwere Verluste" als Grund genannt (siehe CW 24/02, Seite 6). Nun sollen die Prioritäten wieder in traditionell erfolgreichere Softwaresparten gesetzt werden, nicht zuletzt in die Netzwerk-Management-Suite "Openview".

Ferner verstärkt das Unternehmen sein Engagement für die Produktlinien "Utility Data Center", ein Technologiepaket zur Verwaltung von Datenzentren, sowie für die TK-Middleware-Plattform "Opencall". Das Geschäft rund um Anwendungsarchitekturen und Web-Services will die Company durch bereits angekündigte enge Partnerschaften mit Bea und Microsoft erschließen.

Nora Denzel, als Senior Vice President für das Softwaregeschäft von HP verantwortlich, machte in einer Stellungnahme aus der Not eine Tugend: Weil HP ein neutraler Player bleiben und in den Plattformkriegen zwischen dem Java- und dem .NET-Lager keine Partei ergreifen wolle, habe man die Entwicklung der eigenen Midleware-Produktpalette gestoppt.

Wer kauft den App-Server?

Unklar ist derzeit noch, ob HP beabsichtigt, die ausgemusterten Produkte weiterzuverkaufen - und ob es dafür überhaupt Interessenten gibt. Marktbeobachter berichten, dass HP schon seit einigen Wochen vergeblich nach einem Käufer suche. Denzel wollte das aber nicht bestätigen. Sie sagte lediglich, dass einige Middleware-Komponenten für die Openview-Plattform genutzt werden könnten. So lasse sich die Suite um Fähigkeiten für das Management Web-basierender Anwendungen und Dienste erweitern.

Analysten halten den Rückzug aus dem schwachen Middleware-Geschäft für überfällig. HP habe nie das notwendige Entwicklungs- oder Marketing-Interesse erkennen lassen, um in diesem Markt mitzuspielen, bilanziert Giga-Analyst Mike Gilpin. Die Neutralität bezüglich der Web-Services-Plattform könne sich als nützlich erweisen: Einem Wettbewerber wie IBM, der intensiv in Java-Infrastruktursoftware investiere, nehme man das Engagement für Microsofts .NET kaum ab. (hv)