Léo Apotheker sucht die Cloud

Hewlett-Packard muss sich neu erfinden

29.06.2011
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Wie wird die künftige Organisation von HP aussehen?

Inwieweit sich die internen Strukturen bei HP ändern müssen, um den neuen Kurs umzusetzen, dazu wollten sich die Führungszirkel bei HP nicht äußern. "Wir sind hier, um über die Strategie zu sprechen", wies Apotheker in San Francisco eine Frage nach möglichen strukturellen Veränderungen brüsk zurück. Allerdings haben die Ereignisse der zurückliegenden Wochen gezeigt, dass es durchaus Bewegung in den Führungsetagen von HP gibt, die darauf hindeuten, dass organisatorische Veränderungen bevorstehen.

Ende Januar hatte der Konzern angekündigt, seinen Verwaltungsrat umzukrempeln. Es wurden fünf neue Mitglieder nominiert, darunter Ex-Ebay-CEO Meg Whitman und die ehemalige Chefin des Netzausrüsters Alcatel-Lucent, Patricia Russo. Im Gegenzug würden vier Mitglieder nicht mehr für einen Posten im Aufsichtsrat kandidieren, hieß es. Berichten zufolge gelten die Aussteiger als Unterstützer des Ex-HP-Chefs Hurd. Diese Rochaden im Aufsichtsrat könnten Apotheker noch Ärger bereiten. Angeblich war der HP-CEO direkt an der Auswahl der neuen Kandidaten beteiligt, monierten Anlegerberater von Institutional Shareholder Services (ISS). Vier der fünf neuen Mitglieder hätten enge Verbindungen zu Apotheker. Dies verstoße gegen interne Richtlinien des Konzerns, wonach die Aufsichtsratsmitglieder unabhängig sein sollten. Vieles deute darauf hin, dass der neue HP-Chef versuche, sich eine Hausmacht bei seinem neuen Arbeitgeber zu schaffen. So holte Apotheker beispielsweise seinen Vertrauten Bill Wohl von SAP zu HP und machte ihn zum Chef der Kommunikationsabteilung.

Doch auch Apotheker selbst ließ in den vergangenen Wochen durchblicken, dass sich intern bei HP etwas ändern müsse - auch wenn der CEO bislang keine konkreten Maßnahmen ankündigte. "HP hat seine Seele verloren", war zum Beispiel eine Äußerung, die die Branche aufhorchen ließ. Im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE-Schwesterpublikation "Infoworld" sagte Apotheker, HP sei schließlich nicht irgendein Unternehmen, und verwies auf den berühmten "HP way". "Wir sprechen hier nicht von einem Management-Handbuch, sondern von einer Unternehmenskultur, wie wir über Dinge reden und wie wir Dinge anpacken." In den vergangenen Jahren habe diese besondere Kultur etwas gelitten, räumte Apotheker ein. Das soll sich offenbar ändern. "Der HP way ist das Herz und die Seele von HP", sagte der Manager. Das bedeute jedoch nicht, nostalgisch oder rückwärtsgewandt zu agieren, warnte Apotheker im gleichen Atemzug. Vielmehr gelte es, diese für HP so wichtige Kultur zu modernisieren und auf einen modernen Stand zu bringen - "also einen HP way 2.0".

Auch aus Sicht von externen Branchenkennern muss bei HP etwas geschehen, um den Konzern neu in die Spur zu setzen. "Apotheker hat eine Chance, wenn es ihm gelingt, die heterogene Organisation hinter sich zu bringen, meint Pascal Matzke, Analyst von Forrester Research. Unter dem Ex-CEO Hurd seien Silostrukturen entstanden. Die einzelnen Geschäftseinheiten hätten zu eigenständig operiert, teilweise sogar gegeneinander. Das müsse aufhören. Ziel des HP-Managements müsse sein, als einheitliches Unternehmen aufzutreten, "miteinander und nicht neben- oder gegeneinander".

Das dürfte allerdings nicht einfach werden. "HP ist ein schwerer Tanker, der erst einmal gedreht werden will", sagt Matzke. "Dazu müssen alle im Unternehmen mitziehen." Der Analyst geht davon aus, dass HP seine Bereiche neu ordnen wird. Beispielsweise gebe die Trennung von Software- und Servicegeschäft keinen Sinn. Der Konzern sollte seine Software und auch die von Partnern als Orchestrierungsplattform für Serviceangebote nutzen.