Mit Hardware-Unabhängigkeit will HP dem Anwender entgegenkommen:

Hewlett-Packard bekennt sich zu Standards

30.09.1988

LAUSANNE (ch) - Zur Verwendung von Standardlösungen in allen Gebieten der Datenverarbeitung bekannte sich erneut Hewlett-Packard in Lausanne. Von der Mitarbeit des

Unternehmens in 47 Normungsgremien stehen derzeit vor allem zwei Projekte im Rampenlicht der DV-Öffentlichkeit: OSF und EISA.

HP als Anbieter von Workstations und Abteilungsrechnern findet bei fast allen Installationen Multivendor-Umgebungen vor und sieht daher eine besondere Notwendigkeit darin, Daten und Programme in einer solchen Umgebung auszutauschen. Auch wolle das Unternehmen die Bedürfnisse der Anwender nach Hardware-Unabhängigkeit "soweit wie möglich" erfüllen.

Als Beweis für seine Strategie der Standardplattformen wertet der kalifornische Hersteller die Mitarbeit in der Open Software Foundation (OSF). Diese Stiftung, zu deren Gründungsmitgliedern neben IBM, DEC, Nixdorf, Apollo, Bull und Siemens auch HP gehört, soll ein Standard-Betriebsystem auf Basis des IBM-Produkts AIX entwickeln.

Über die derzeitigen Aktivitäten der OSF berichtete auf dem HP-Seminar als Gastreferent Georges Lepicard, Mitglied des Board of Directors der Software-Stiftung und Direktor der Abteilung Systems Architecture bei der Groupe Bull.

Nach seiner Auffassung besteht gegenwärtig in der gesamten DV-Industrie ein Trend zu "offeneren" Systemen. Dieser werde die Art des Wettbewerbs unter den teilnehmenden Anbietern nachhaltig verändern. In diesem Zusammenhang erwartet Lepicard eine generelle Tendenz zu niedrigeren Preisen und eine Zunahme der Massenproduktion. Die Anwender würden weniger Geld für ihre Hardwarebasis aufbringen müssen, die Ausgaben für Dienstleistungen würden jedoch ansteigen.

Ziel der OSF-Tätigkeit sei die Unabhängigkeit des Anwenders von der einmal gewählten Hardwarebasis. Bei der Entwicklung des OSF-Betriebssystems würden deshalb Gesichtspunkte wie Skalierbarkeit und Interoperabilität großgeschrieben. Die OSF werde ihre Entwicklungen jedem Interessierten auf dem Wege der Lizenzvergabe zugänglich machen, sagte Lepicard. Einfluß auf die Richtung der Entwicklung könne man jedoch nur über eine Mitgliedschaft nehmen.

Ziel der OSF sind unabhängige Anwender

Einen weiteren Beweis seines Commitments für Standards sieht HP in seinen Aktivitäten um den EISA-Bus. EISA steht für Extended Industry Standard Architecture und repräsentiert die Beschreibung des auf 32-Bit-Daten- und Adreßwortbreite erweiterten Bussystems des IBM PC AT. Diese Busspezifikation hat eine Gruppe namhafter Hersteller von IBM-kompatiblen PCs - darunter Hewlett-Packard - als Wunderwaffe gegen IBMs Mikrokanal ausersehen. Innerhalb von gut zwölf Monaten soll die Spezifikation zur Produktreife herangewachsen sein und dann dem Mikrokanal die Rolle als Industriestandard streitig machen (siehe CW Nr. 38, Seite 1).

Dieser Bus, so erläuterte ein HP-Sprecher, weise gegenüber dem Mikrokanal eine Reihe von Vorteilen auf. So könne das geplante Produkt den vollen 32-Bit-Adreßbereich von rund 4 Gigabyte ansprechen, während der Mikrokanal auf 16 Megabyte Adreßraum beschränkt sei. Ebenfalls im Gegensatz zu diesem seien mit EISA DMA-Zugriffe in voller 32-Bit-Breite möglich.

"Offene Systeme werden Preise drücken"

Der Halbleiterhersteller Intel habe bereits die Entwicklung eines 32-Bit-DMA-Bausteines und eines entsprechenden Bus Master-Chips angekündigt. Die Datenübertragung soll auf diesem Bus mit maximal 33 Megahertz vonstatten gehen und damit weit über den Vergleichsdaten des Mikrokanal (20 Megahertz) liegen. Existierende Anwendungen können allerdings die daraus resultierenden Geschwindigkeitsvorteile noch nicht nutzen; dies bleibt auf den neuen Bus zugeschnittenen Applikationen vorbehalten.

Ein weiterer Vorzug des neuen Konzepts besteht darin, auch bestehende XT/AT-Zusatzboards weiterverwenden zu können. Die Konfiguration solcher Karten wird durch Software unterstützt. Für neu zu entwickelnde Add-Ons ist, wie auch beim IBM-Konkurrenzprodukt Mikrokanal, eine Autokonfiguration vorgesehen. Angaben eines HP-Sprechers zufolge wird der EISA-Bus nur mit Intel-Mikroprozessoren arbeiten können.