Heute entscheiden, morgen umsetzen

19.08.2005
Eine gute Software reicht nicht aus, um erfolgreich zu sein. Junge IT-Unternehmer sollten sich auf den Vertrieb konzentrieren und mit anderen Gründern kooperieren.

Als Sirko Schneppe und Sascha Sauer vor zwei Jahren ihre eigene Firma, die Ageto GmbH, gründeten, hatten sie eine Nische entdeckt: Noch hatte keiner der großen IT-Hersteller eine Software im Angebot, die die Warenwirtschaftssysteme der Unternehmen mit Online-Marktplätzen wie Ebay verbindet. Dabei können immer weniger Händler auf Ebay als zusätzlichen Vertriebskanal verzichten, dachte sich der Wirtschaftsinformatiker Schneppe. Fünf Jahre lang arbeitete der heute 33-Jährige für Intershop in Jena, zuerst als Projekt-Manager, später als Leiter des Produkt-Managements und -Marketings. Schon während dieser Zeit dachte Schneppe daran, eine Software zu entwickeln, mit der sich Tausende von Artikeldaten auf Online-Marktplätze wie Ebay importieren lassen.

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• welche Eigenschaften IT-Gründer erfolgreich machen;

• mit welchen Strategien junge Softwarefirmen im Markt überleben können;

• wie sich Selbständige in einer Softwaregenossenschaft gegenseitig helfen.

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*74656: Was August-Wilhelm Scheer Gründern empfiehlt;

*75794: Buchtipp: Ich AG und Überbrückungsgeld;

*73807: Gründung im zweiten Anlauf.

Doch die Softwareentwicklung stellte er zunächst zurück, als er zusammen mit seinem Intershop-Kollegen Sauer Ageto gründete: "Wir haben von Anfang an begriffen, dass der Vertrieb die Nummer eins ist. Der Erfolg auf unserer ersten Messe bestätigte diese Strategie." So haben die Ageto-Gründer ihre Website und Kundenbroschüren entworfen sowie versucht, möglichst viele Kunden für ihr Projekt zu begeistern - und sei es am Telefon. Telefonische Akquise kann ein harter Job sein, darum empfiehlt Schneppe allen Gründungswilligen, am besten schon vor der Gründung die ersten fünf potenziellen Kunden zu kennen. Die Softwarelösung entwickelten Schneppe und drei ehemalige Intershop-Kollegen, die von Anfang an bei Ageto mitmachten, schließlich parallel zu den Vertriebsaktivitäten.

Junge Unternehmer sollten alles im Blick behalten

Auch wenn Schneppe während seines Studiums an der TU Ilmenau selbständig war und Firmen in Sachen Internet beriet, empfand er die Gründung von Ageto als einen Sprung ins kalte Wasser: "Im Gegensatz zu meiner Zeit bei Intershop habe ich keine große Organisation mehr im Hintergrund, die mir alles abnimmt. Ich muss zum Beispiel selbst prüfen, ob die Buchführung sauber ist. Ich empfinde es aber als angenehm, heute etwas zu entscheiden und es morgen umsetzen zu können. Allerdings weiß man in der Regel erst übermorgen, ob es funktioniert." Entscheidungsfreude schätzt Schneppe als eine der wichtigsten Eigenschaften für Gründer ein. Wer schon bei alltäglichen Entscheidungen zaudert, hat es auch im Geschäftsleben schwer.

Zudem sollten sich Gründer eine langfristige Strategie zurechtlegen. Schneppe und Sauer wussten zum Beispiel von Anfang an, dass sie sich im dynamischen Softwaremarkt nur behaupten können, wenn sie sich strategische Partner suchen und dadurch einen größeren finanziellen Spielraum erhalten. In der kanadischen Softwarefirma Truition haben die Ageto-Gründer im Frühjahr diesen Partner gefunden und sind inzwischen auf zwölf Mitarbeiter gewachsen. Allerdings besetzen sie ihre Softwarenische nicht mehr allein: So bieten mittlerweile auch ERP-Hersteller wie SAP Integrationslösungen für den Handel auf Ebay an.

Gründer brauchen klare und pragmatische Ziele

Das erste Jahr ist für Gründer eine entscheidende Phase. Schneppe fühlte sich dadurch bestätigt, dass sein Konzept sowohl bei einem Business-Plan-Wettbewerb erfolgreich als auch für den Deutschen Gründerpreis nominiert war. Staatliche Unterstützung wie Überbrückungsgeld beziehungsweise Fördergelder des Landes Thüringen haben ihm in der Startphase geholfen, dennoch sollten sich Gründer nicht nur auf solche Zuschüsse verlassen, warnt Schneppe: "Natürlich muss man als Gründer auch finanzielle Einschränkungen in Kauf nehmen, aber man sollte nicht die eigene Firma subventionieren und auf Gedeih und Verderb an ihr festhalten, wenn die Geschäftsidee nicht funktioniert." Für das erste Jahr hatte er sich darum ein bestimmtes wirtschaftliches Ziel gesetzt, das er auch erreichte. Andernfalls hätte er die Firma wieder aufgegeben und sich neu beworben.

Ein Gedanke, mit dem sich Schneppe zurzeit nicht beschäftigen muss, schließlich wächst sein Geschäft von Monat zu Monat. Dieser Erfolg hängt auch mit einer ungewöhnlichen Teamarbeit zusammen. Schneppes Ageto GmbH teilt sich mit zwölf anderen jungen Softwarefirmen eine Etage des großen Intershop-Towers in Jena. Tür an Tür nutzt man nicht nur die technische Infrastruktur wie Drucker oder Fax gemeinsam, sondern hat sich zur Softwaregenossenschaft "Tower Byte" zusammengeschlossen. Diese ist laut Schneppe zwar nicht so verbindlich wie eine GmbH, bietet aber kleinen Firmen die Chance, auch an größere Aufträge zu kommen - wenn sie sich gemeinsam um Projekte bewerben.