Herzliches PCM-Beileid

19.08.1988

Das Spielchen wiederholt sich in schöner Regelmäßigkeit alle zwei bis drei Jahre: Die IBM kündigt neue Mainframes an (aktuell: 3090-S), worauf die "Plug Compatible Manufacturers" (PCM) mit Preissenkungen reagieren. Nach einem technologischen Schnaufer bringen dann die PCM-Anbieter ihrerseits neue Maschinen auf den Markt, worauf die IBM wenig später mit Preissenkungen reagiert - ein Closed-Loop nach dem Henne-und-Ei-Schema, bei dem klar ist, was zuerst da war.

Und damit wären wir beim Kernpunkt: Was für Amdahl & Co. zunächst auf der Habenseite zu Buche schlug, nämlich als IBM-Nachahmer kaum Entwickungskosten zu tragen, wird mit Markt-mathematischer Sicherheit irgendwann zum tödlichen Handikap. Preissenkungen, die Big Blue dank höherer Stückzahlen bequem wegstecken kann (siehe Jahresgewinn), gehen bei den PCMs an die Substanz.

Erschreckend viele Großanwender sind sich der Tatsache nicht bewußt, daß sie mit ihrer PCM-Beschaffungspolitik letztlich nur der IBM helfen. Hypothetisch gefragt: Würden sie auch dann Amdahl-, NAS- oder Comparex-Anlagen kaufen, wenn diese teurer als IBM-Systeme wären? Oder: Warum senken die PCMs panikartig die Preise? Wie man hört, soll es NAS schlecht gehen. Was man besser nicht mitbekommen sollte (Vorsicht: Pre-Announcement!): Die IBM bastelt bereits an der Summit-Einführungskampagne. Das Schnarchen der Kartellbeamten ist allerdings nicht zu überhören.

Small Blue

Ulf J. Froitzheim

Daß das heimliche Vorbild von Heinz Nixdorf selig und seinem Erben Klaus Luft drei Buchstaben und sein Hauptquartier in Armonk hat, ist der DV-Branche schon seit längerem mehr als eine bloße Ahnung.

Wie einst John R. Opel die Parole ausgab, die IBM müsse mit der Branche wachsen und somit ihren Umsatz binnen zehn Jahren vervierfachen, so tönt heute Luft, in fünf Jahren werde Nixdorf eine 10-Milliarden-Mark-Firma sein. Das bedeutet, wie einst bei Big Blue, eine Wachstumsrate von 15 Prozent.

Nun ist bekannt, daß die einstige Rechner-Verleihanstalt IBM seit vielen Jahren nicht mehr so viele Neukunden aufgetan hat, daß sie damit trotz Preisverfalls 15 Prozent mehr Einnahmen hätte erzielen können. Daher trieb sie die Mieten dermaßen in die Höhe, daß der Kauf wirtschaftlicher wurde. Die erwünschte Folge: Das Unternehmen verkaufte viel mehr Rechner, als es installierte. Die dadurch generierten Umsatzsteigerungen sicherten das Wohlwollen der Börse.

Die Sache hatte allerdings einen Pferdefuß: Als die Bestände an Mietmaschinen zur Neige gingen, wurde das verminderte Wachstumstempo um so deutlicher erkennbar. Im Fall IBM halfen externe Faktoren wie Währungsvorteile, den Schein zu wahren und die Umsatzkurve nicht durchhängen zu lassen.

Auch bei Nixdorf ist der Vorrat an Mietmaschinen zum großen Teil "verbraucht". Um die Gehälter der immer noch wachsenden Belegschaft zu finanzieren, brauchen die Paderborner jetzt Neugeschäft. Luft muß beweisen, ob die verstärkten Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie in das zusätzliche "Human-kapital" den erhofften Effekt bringen.